Verein Münchner Sportjournalisten
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50 Jahre Olympische Sommerspiele München '72

John Akii Bua, der die Goldmedaille über 400 m Hürden in der Weltrekordzeit von 47,82 Sekunden gewann, war der erste Olympiasieger aus Uganda. Diktator Idi Amin ließ den Christen Akii Bua schikanieren und einige seiner Brüder umbringen. Über das Schicksal von Akii Bua berichtet Michael Gernandt: „Armin Dassler, der Sohn des Rudolf Dassler, später mit seinem Bruder Adolf, dem adidas-Gründer verfeindet, bemühte sich um die Freilassung. Möglich gemacht haben sie Pumas Afrika-Statthalter Singh und die deutsche Botschaft in Nairobi. John Akii-Bua arbeitete in der vom Fußball-Nationalspieler Hans Nowak geleiteten PR-und Marketingabteilung von Puma.“ Er starb 1997 an Aids.                                                                                                              FOTO: GÜNTER R. MÜLLER

Zeitzeugen erinnern sich

30 Mitglieder des Vereins Münchner Sportjournalisten (VMS) haben, 40 Jahre danach, als Zeitzeugen ihre ganz persönlichen Erinnerungen an die Olympischen Spiele 1972 in Mün-chen aufgeschrieben, die Fotografen ihre schönsten Fotos zur Verfügung gestellt.

 

Der Jüngste, der sich erinnern kann, ist Peter Burghardt (Jahrgang 1966). Der Korrespon-

dent der Süddeutschen Zeitung für Lateinamerika, seit 2015 SZ-Korrespondent für die Bun-desländer Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen, war zuvor SZ-Sportredakteu, schrieb in Buenos über den Verlust seines Olympia-Waldis. Wolfgang Weingärtner (1921-2019), der Älteste der Chronisten, früher stellv. Res-sortleiter Sport der SZ, berichtete, wie er 1966 in Rom für den Papierkorb schrieb. Sein wegen des frühen Redaktionsschlusses vorgefertigter Text trug die Über-schrift: Olympia '72 nicht in München. Gedruckt wurde die Erfolgsmeldung vom Ressortchef Ludwig Kop-penwallner (1921-2010).

Peter Bizer

Danach die Morgensonne

Der 26. August 1972. Mein 30. Geburtstag. Kurt Edelhagen spielt auf. Die Jugend der Welt zieht vorbei. Ich sitze neben Uli Kaiser auf der Pressetribüne. Unten hebt Heidi Schüller im selbstgekürzten Mini die Schwurhand zum Olympischen Eid. In der Reihe vor uns schmöckern drei mexikanische Kollegen in Flensburger Drucker-zeugnissen, die es damals nur rund um den Hauptbahnhof zu kau-fen gab. Die heiteren Spiele beginnen.

Neun Tage später sitze ich wieder neben Uli Kaiser. Auf den Trep-

pen zum Olympia Pressezentrum. Wie erschlagen nach der mitter-nächtlichen Konferenz und den unsäglichen Statements. Im Morgengrauen beschließen wir: das war unser letzter Tag in diesem Job. Fürstenfeldbruck erlaubt kein „danach“. Doch dann geht strahlend die Morgensonne des 6. September auf. Es wird immer ein „danach“ geben.“

Peter Bizer (Jahrgang 1942) lebt in Hamburg und ist freiberuflich tätig. Er schrieb 1972 als freier Journalist auch für die Süddeutsche Zeitung.

Hans Eiberle

Der Schießbefehl des Präsidenten

Ich war, als SZ-Fußballschreiber, die Nummer zwei hinter Hans Schiefele. Der berichtete über olympisches Kicken, aber nicht viel Gutes von der DFB-Auswahl mit Uli Hoeneß und Ottmar Hitzfeld: Zwei Niederlagen, ein Remis, ausgeschieden. Ich schrieb über Handball, Leichtathletik, Hockey, Basketball – und über Schießen in Hochbrück, zum ersten Mal in meinem Journalistenleben. Im Klein-kaliber-Liegendschießen gewann Hon Jun Li, ein Nordkoreaner: 599 Ringe, Goldmedaille und Weltrekord für Ho Jun Li aus Pjöng-jang in der Demokratischen Volksrepublik Korea.

Ob der das so kommentiert hat, wie es der Dolmetscher übersetzte, der am Jackenauf-

schlag eine Plakette mit dem Porträt des „großen Führers“ Kim Il Sung trug? „Bei der Ver-abschiedung der Olympiamannschaft hat uns unser Ministerpräsident gesagt: Ihr Soldaten müsst schießen wie an der Front auf die Feinde.“ Daraus formte ich die Überschrift: ,Hon Jun Li befolgt den Schießbefehl des Präsidenten'. So stand es in der Süddeutschen Zei-tung. Aber zum Glück nur in der ersten Ausgabe, in der zweiten dann die entmilitarisierte Fassung: ,Hon Jun Li befolgt den Präsidentenrat'. Mein später Dank gilt der Redaktion.

Das geschah eine Woche vor dem Anschlag. Über Schießen habe ich nie wieder be-richtet.“

Hans Eiberle (Jahrgang 1938), von 1989-2015 1. Vorsitzender des Vereins Münchner Sportjournalisten, war 1972 Sportredakteur der Süddeutschen Zeitung.

Peter Burghardt

Den Waldi verloren

Ich war sechs damals, aber ein paar Schnipsel der Erinnerung sind geblieben. Vor allem an den Olympiadackel Waldi. Dackel sind ja allgemein unterschätzte Tiere, leider verlor ich meinen Plastikwaldi später. Seltsamerweise weiß ich außerdem noch ungefähr, wie die Eintrittskarten aussahen. Ich war mit meinem Vater beim Rudern in Oberschleißheim, beim Kajak in Augsburg und auch im Olympia-stadion. Meines Wissens sogar beim Sieg von John Akii-Bua, da kann ich mich allerdings täuschen.

Das Eis und die Würstl waren immer gut und die Fahnen bunt. Irgendwann gab es dann diese Bilder von dem verkohlten Hubschrauber, die kamen offen-bar mitten in der Nacht. Später sah ich mir die Fotos im Olympiabuch von Harry Valérien an, wir hatten ein Exemplar aus einem Gebäude mit Brandschaden preiswert bekommen. Die SZ konnte ich seinerzeit leider nur mit Mühe lesen, sonst hätten mich die Texte der nachmaligen Kollegen Eiberle, Gernandt und Heimann sicher interessiert."

Peter Burghardt (Jahrgang 1966) war Mitglied der SZ-Sportredkation, SZ-Korrespondent für Lateinamerika in Buenos Aires und 2021, mit Sitz im SZ-Büro Hamburg, für für die ost-deutschen Bundesländer.

Inge Frinke

Außer Fotos nichts gesehen

Mein Mann Dieter (Dieter Frinke-Bild) und ich, wir hatten uns mit den Agenturen Werner Rehaczek (werek) und Sven Simon zum zum „Nationalen Olympischen Pool“ (NOP) zusammen-geschlos-sen. Ich hatte Innendienst beim NOP im Pressezentrum an der Riesstrasse und habe dort, nahezu Tag und Nacht, mit Werner Rehaczek und Gehilfen die Abteilung Schwarz/weiß-Fotos be- und verarbeitet. Für die Farbfotos waren Axel Springer jr. und Günter R.Müller (Sven Simon) eingeteilt. Ich habe viele Fotos gesehen, aber keine Veranstaltung, nur selten mal im Fernseher. Tja, so ist das Leben nun mal."

Inge Frinke (Jahrgang 1934) ist im Ruhestand. Bis 2009 arbeitete sie, zuletzt vor allem für die Münchner Zeitungen tz, Merkur, AZ und SZ.

Edgar Fuchs

Diebe im Blaumann

Nie im Leben habe ich mir vor irgend jemand ein Autogramm ge-

holt. Aber während der Olympischen Spiele habe ich einige gege-

ben. Ich, damals mit der Figur eines gut trainierten Hobbysportlers und einem Matchsack ausgerüstet, stand am Eingang zum Olympi-schen Dorf , als sich Autogrammsammler auf mich stürzten. Rück-wärts gehend unterschrieb ich alles, was mir entgegengestreckt wurde, bis ich an den Ordnungshütern vorbei war.

Der Trick funktionierte bis zum Tag, an dem die Terroristen kamen. Danach wurde überall streng kontrolliert. Auch am letzten Tag kam man an dem Türhüter des Pressezentrums, den man nun schon seit Wochen kannte, nur vorbei, wenn man den Ausweis vorzeigte.

Das galt nicht für alle. Während der Schlussfeier marschierten vier Männer ein und mon-tierten, unter dem Protest von Journalisten, die sich – wie ich – den Weg ins Stadion er-spart hatten, die vier Mega-Fernsehapparate ab, auf denen die Live-Übertragung lief. Bis heute weiß niemand, wer die Diebe waren. Jeder von ihnen trug einen Blaumann, der war besser als jeder Ausweis.“

Edgar Fuchs (Jahrgang 1941) bezeichnet sich als „Privatier“. 1972 war er Redakteur der Münchner Abendzeitung.

Michael Gernandt

Tiefes dunkles Loch

Als ich Mitte Juli Thomas Klingers ARD-Film über München '72 und den Olympiapark sah, wurde mir klar: Er beschreibt gerade meinen damaligen Arbeitsplatz. Dort drei Wochen Reporterstress gehabt. Anstrengend, aber unvergesslich. Auch des Schocks wegen, den der Anschlag der Palästinenser ausgelöst hatte – bei mir mit Verzögerung. Ich war schon vor neun Uhr am Morgen des 5. September frohgemut und voller Tatendrang, aber auch ohne die geringste Kenntnis – wir hatten in unserer SZ-Wohnung in der Pressestadt meiner Erinnerung nach keinen Fernseher – vom Geschehen in der Connollystraße 31 ins verdächtig leere Pressezentrum gekommen, um Uli Meyfarths Hochsprungsieg vom Abend zuvor journalistisch nachzufeiern. Wer immer mich dann informierte, er löste eine Blockade bei mir aus. Ein jäher Wechsel von Euphorie zu Depression: wie ein Absturz in ein tiefes, dunkles Loch. Meine Schreibmaschine blieb an diesem Tag zu.

Michael Gernandt (Jahrgang 1939) war SZ-Ressortleiter Sport und ist im Ruhestand. 1972 war er Sportredakteur der Süddeutschen Zeitung.

Gerhard Gmelch

Apollon und ein Pils mit Derwall

Eine akustische Erinnerung habe ich heute noch im Ohr, wenn der Begriff Olympia 1972 fällt: das am Ende der Eröffnungsfeier zum Aus-zug der Athleten vielstimmig in altgriechischer Sprache über Laut-sprecher erschallende Orakel des Gottes Apollon. Ansonsten fand Olympia für einen „Zweit-Fußballer“ des Münchner Merkur vor allem im Saale statt, auch dank der deutschen Kicker, die dem olym-

pischen Ursprungsmotto sehr intensiv huldigten; zu einem Pils mit Trainer Jupp Derwall in einem Sonderzug nach Passau hat’s für mich immerhin gereicht.

Bearbeitung des so genannten Normalsports in der Redaktion stand auf meinem Dienst-

plan. Mit Verstärkung aus der Redaktion Weilheim war das eine durchaus lösbare Aufgabe. Den außerolympischen Höhepunkt in den olympischen Wochen lieferte ein Fußballverein. Dem Präsidium des TSV München von 1860 hatte es gefallen, am 31. August Trainer Hans Tilkowski zu entlassen. Fast ein persönlicher Affront, zählte ich mich doch zu den wenigen Kollegen (hallo - Raimund Hinko), die ein gutes Verhältnis zum „Til“ hatten.

Ein Live-Erlebnis, auf das alle Welt gerne verzichtet hätte, hat mir Olympia doch noch be-

schert: Ich durfte im Stadion dabei sein – Dank an die Merkur-Kollegen -, als IOC-Präsi-

dent Avery Brundage seine Must-go-on-Worte sprach."

Gerhard Gmelch (Jahrgang 1942) war 1972 Sportredakteur beim Münchner Merkur. Er lebt im Thüringer „Exil“ und ist gelegentlich Mitarbeiter in Regional- und Lokalblättern.

Fritz Heimann

Absurde Frage

Meine olympischen Erinnerungen an München 1972 kulminieren in meiner und anderer Tag- und Nachtarbeit und dem Besuch von täg-lich zwei bis drei Ereignissen unterschiedlicher Sportarten. Diese Praxis ist offenbar längst in den ewigen Jagdgründen des Sports entschwunden. Von der Euphorie in den Stadien und der Lockerheit des Publikums kann ich fast nichts berichten, da nicht in den Leicht-athletik- oder Schwimmstadien eingesetzt. Ja, natürlich auch, weil um sportliche Fakten bemüht und nicht um (künstlich) gepuschte Stimmungen.

Das Attentat ging an mir weitgehend vorbei. Er verschaffte mir einen wohlverdienten Ruhe-tag, denn dem Wunsch, die Athleten danach zu befragen, ob sie weitermachen wollen, wollte und konnte ich mich nicht anschließen. So eine Frage erschien mir absolut müßig, ja absurd. Ich kannte ja von vornherein ihre Einstellung.

Zusammengefasst: Viel Arbeit und ein harter Kampf mit den Verlagsgewaltigen der SZ um einen bescheidenen Bonus für die immense Mehrarbeit. Und leider nicht zuletzt auch ein gerüttelt Maß an Chauvinismus in den Arenen. Danach war ich jedenfalls nicht mehr sehr erpicht auf solcherlei inszenierte Einsätze, die heute offenbar immer mehr unter werbli-

chen Gesichtspunkten gesehen werden denn sportlichen. Es hilft offenbar aber nichts zu räsonieren und sich etwa die guten alten Arbeiter-Olympiaden zurückzuwünschen. Wie sagte doch der viel zu früh verblichene Kollege Hans Jürgen Jendral (SZ): Das moderne Olympia ist doch nur eine Aneinanderreihung von Weltmeisterschaften.

Fritz Heimann (Jahrgang 1940) ist Ruheständler. Er war 1972 Sportredakteur der Süd-deutschen Zeitung.

Doris Henkel

Olympia auf dem Feldbett

"Olympische Spiele in München? Ach, da wäre ich zu gern dabei! Na, dann schreib' hin und bewirb dich, sagt meine Mutter mit ihrem ausgeprägten Sinn fürs Praktische, die suchen Platzanweiser.

Ein paar Monate später steht fest, dass ich dabei sein werde, noch ein paar Monate später, kurz nach dem Abi, sitze ich im Zug nach München, zum ersten Mal in der 1. Klasse, gesponsert vom Veran-stalter.

Mein Arbeitsgebiet während der Spiele wird das Olympiastadion, Block N, gleich neben dem Feuer, zu meiner Schicht gehören Carol aus den USA, Corinna aus Schweden, Angela aus Dortmund und eine Vertreterin Nieder-bayerns. Wir tragen stolz die orangefarbene Kunststoff-Anzüge - nix Dirndl, nix hellblau wie die schnöseligen Hostessen - schlafen auf Feldbetten in Klassenzimmern einer Schule im Hasenbergl. Und als sei das alles noch nicht genug, verliebe ich mich in einer Mitarbeiter-

Diskothek in einen Typen vom Ordnungsdienst."

Doris Henkel (Jahrgang 1953), war SZ-Sportredakteurin, lebt in Hamburg und berichtet als freie Journalistin von den Tennisplätzen dieser Welt.

Doris Henkel (Mitte) mit Kolleginnen aus Schweden, den USA und Niederbayern in ihrem Arbeitsbereich im Olympiastadion.

Klaus Hoeltzenbein

Der beste Platz im Stadion

Am Radio, am Fernsehen hatten wir in Neuss am Niederrhein ver-

folgt, was passieren würde. Als Avery Brundage am 6. September The-games-must-go-on verkündete, stiegen wir doch noch in den Zug, meine Mutter und ich. Mein Vater hatte uns schon lange zuvor ein paar Karten besorgt, was er halt bekommen konnte, Boxen, Handball, Leichtathletik, Vorkampf, Hauptkampf, egal, Hauptsache dabei. Der Tickets sollten sein Geschenk zu meinem 14. Geburtstag sein. Wir spürten den Ballast, der auf den Spielen lag, die Trauer, aber auch den Wunsch und Willen, sich nicht weiter terrorisieren, sich diese Tage nicht gänzlich rauben zu lassen. Besonders gut zu beobachten von mei-

nem Stammplatz bei der Leichtathletik aus, für den es keine Eintrittskarte gab – sondern den man sich immer wieder neu erobern musste.

Auf der Gegengeraden im Olympiastadion, am Oberrang, direkt am Übergang zum Fuß-

gänger-Umlauf, hatte das Fernsehen ein Holzpodest errichtet. Darauf fuhr die Kamera auf kurzem Gleis, arbeitete der Kameramann, der Kabelträger, aber neben dem Trupp war noch viel Platz. Schwupps, nahmen wir, drei, vier Kinder, die sich zuvor nicht kannten, allen Mut zusammen. Wir kletterten übers Gelände und legten uns flach auf die Planke. Dann warteten wir ab, was passieren würde. Halbherzigen Versuchen, uns zu verscheuchen, folgte die Einsicht: Ach, lass' sie doch dort liegen! Unter uns lief Lasse Viren, dominierte Faina Melnik im Diskuswurf, siegte Randy Williams mit 8,24 im Weitsprung, gewannen Krause, Mickler-Becker, Richter, Rosendahl über 4x100 Meter der Frauen.

Ich kam jeden Tag. Ursprünglich hatte ich nur eine Leichtathletik-Karte, aber nach dem Attentat war der Schwarzmarkt zusammengebrochen, es war es ein Leichtes, vom Ta-

schengeld die billigste Karte zu erwerben. Nur, um dann übers Geländer wieder auf den besten Platz im Stadion zu kommen. Und um in Bauchlage und live zu verfolgen, wie die Spiele pietätvoll, aber entschlossen versuchten, ihrem Trauma zu entkommen.

Klaus Hoeltzenbein (Jahrgang 1958) war bis 2021 Ressortleiter Sport der Süddeutschen Zeitung. 1972 schaffte er es ohne Karte im Olympiastadion.

Rolf Hofmann

Goldwurf - nur akustisch

Aus dem 6. Stock des Presse-Hochhauses, wohin ich für die Zeit der Olympischen Spiele Wohnsitz und Arbeitsplatz verlegt hatte, bot sich am Morgen ein wunderschönes Bild: Weiß-blau, also bayerisch, eingefärbt war der wolkenlose Himmel, beleuchtet von strahlendem Sonnenschein. Schon optisch versprach dieser Sonntag, es war der 3. September 1972, viel Freude. Es war der Tag des Speerwurfduells zweier Freunde: Janis Lusis aus Lettland, damals UdSSR, der kurz vor den Spielen in Finnland Weltrekord (93,80 m) geworfen hatte, und Klaus Wolfermann, der im mittelfränkischen Altdorf geborene Bayer, dem zwei Wochen vor seinem Olympiastart auf der Anlage des Post SV München erstmals ein 90-m-Wurf gelungen war.

 

Ich berichtete am frühen Nachmittag vom Boxen. Die Zeit wurde knapp. Ein Wagen der Fahrbereitschaft brachte mich zum Stadion. Beim Endspurt verlor ich die entscheidenden Sekunden auf der Treppe. Wolfermanns Speer war schon in der Luft, getragen von der Woge der Begeisterung, die anschwoll, je weiter er flog. Er landete nach 90,48 Meter, das war zwei Zentimeter weiter als Lusis geworfen hatte.

 

Und ich? Enttäuscht war ich anfangs schon, einen der Höhepunkte der Spiele nur aku-stisch miterlebt zu haben, als Zaungast draußen vor den Toren. Der Ärger verflog schnell. Dabei halfen die Goldmedaillen für Hildegard Falck (800 m) und Bernd Kannenberg (50 km Gehen) sowie Silber für Heide Rosendahl (Fünfkampf).“

 

Rolf Hofmann 1927-2017) war Ressortleiter Sport beim Münchner Merkur. 1972 war er Sportredakteur des Münchner Merkur.

Ulla Holthoff

Schokolade, Sammelbilder und kein Fernseher

"Erinnungen an Olympia '72? Da ist zuerst mal die Erinnerung an meine etwas andere Kindheit und Jugend. An die ärmlichen Ver-

hältnisse, in denen ich aufgewachsen bin. In einem trostlosen Nest in der Soester Börde. Ein richtiges Landei. Ohne Fernseher und Telefon. Telefon gab es erst, als ich schon 18 war, einen Fernseher vier Jahre früher, an Weihnachten '72, also erst nach den Olympischen Spielen. Außer mir interessierte sich in meiner Familie niemand für Sport. So blieb mir nur das Radio, und auch das selten genug.

 

Meine Vorbereitung auf die Spiele bestand aus dem Essen von Schokolade. Täglich zwei Tafeln Sprengel-Schokolade, verdient mit Nachhilfe-Unterricht bei den Nachbarskindern. Was Panini-Bilder für den Fußball-Fan, waren für mich die Sprengel-Bilder der Olympia-Teilnehmer. Es gab ein Sammel-Album, ein richtiges Buch sogar, mit den wichtigsten, prominentesten Sportlern – ich wollte es unbedingt komplettieren. Also wochenlang jeden Tag zwei Tafeln Schokolade. Und jeden Tag 3000 m schwimmen im kleinen Lehr-

schwimmbecken unseres Dorfes, um die Schokolade wieder los zu werden. Das Sammel-Buch habe ich heute noch. Ansonsten habe ich in jenen Tagen die Nähe zu Schulkameradinnen gesucht, die einen Fernseher daheim hatten. Und habe dafür einiges in Kauf genommen. Obwohl ich damals große Angst vor Hunden hatte, ließ ich mich zu einer Familie mit drei Schäferhunden einladen. Dort erlebte ich dann Ulrike Meyfarths Sensation. Starr vor Angst vor diesen Hunden. Aber das war es wert. Ein Highlight im fremden Wohnzimmer.

 

So war das damals - weit weg von München, auf dem platten Land, wo Sport nicht mal die schönste sondern die überflüssigste (Neben)Sache der Welt war.

 

Ulla Holthoff (Jahrgang 1958) ist Redakteurin beim BR-Hörfunk. Sie ist die Mutter des Fußball-Nationalspielers Mats Hummels.

Wilfried Jendreizik

Teutonia Lippstadt statt Olympia

Ich war damals 21 und hatte gerade im Lippstädter Ostendorf-Gym-

nasium das Abitur geschafft. Es standen 18 Monate Bundeswehr an. Erst sollte es zur Marine gehen, dann kam ich aber doch in eine Ka-

serne in unmittelbarer Nähe meines Elternhauses. Es ging um Fuß-

ball, mein Leben bis dahin. So blieb ich meinem kleinen Heimatklub treu und wurde als Fernmelder eingezogen. Ich wusste zwar, dass die Olympischen Spiele in München sein werden, aber die waren von ge-

ringem Belang. Für mich stand die Grundausbildung auf dem Pro-

gramm. Und dazu wurde ich plötzlich mit dem richtigen Leben kon-

frontiert, weil ich von meinem Heimatklub zu Teutonia Lippstadt wechselte. Dies wurde mir ziemlich übel genommen, alte Freundschaften gingen zu Bruch. Keine leichte Zeit brach an. Aber sportlich ging es gut aus: Lippstadts Trainer Hans Klodt, Ex-Schalker Torhüter-

Idol, erkannte mein Talent und plötzlich war ich in der Mannschaft und es begann eine schöne Zeit.

 

Olympia in München spielte zwischen Bund und Fußball kaum eine Rolle. In Erinnerung geblieben ist mit der Satz: ,The games must go on.' Von der Tragödie und ihren Folgen habe ich aus Fernsehen und Zeitung erfahren. Persönlich kennengelernt habe ich später Klaus Wolfermann und Ingrid Mickler-Becker, die ja ganz aus der Nähe von Lippstadt stammt.

 

Wilfried Jendreizik (Jahrgang 1951) war Sportredakteur des Münchner Merkur. 2016 ging er in den Ruhestand.

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Das Ende der Tragödie         um Jürgen Bischof

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Klaus K. Müller 85 Mit 21 jüngster Sporchef -

Springer, adidas, Focus

Günter R. Mülller 80

Das historische Foto

Martin Hangen 60

Als Fotograf auf

Marias Spuren

Michael Gernandt 85 Rekordverdächtige

41 Jahre SZ

Michael Buchholz 60

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Fritz Hautsch 70                     Die Flitzi-Karriere

Doris Henkel 70

"Das Bewusstsein für die

sportliche Leistung zählt

heute kaum noch"             

Frank Hörmann 60

Münchner Eisbachufer statt großer Bühne

Otto Greitner 75

Kein Geschwafel -            schnell und kurz

Neue Bücher                           

Besprechungen

Von Wolfgang Uhrig

"Thailand unter der Haut"

Bernd Linnhoff, geboren 1948 in Hamm/Westfalen, arbeitete als Chefreporter Fußball beim Sportinformationsdienst (SID) und bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa). 1988 machte er sich als freier Journalist, Kom-munikationsberater und Reden-schreiber selbstständig. Linnhoff wanderte 2008 nach Thailand aus. Er lebte vier Jahre in Bankok und wohnt seit 2012 in Chiang Mai

Linnhoff über sein Buch: „In „Thailand unter der Haut“ erzähle ich in 31 Nahaufnahmen von Thailands Ess-Klasse, der Fuß-ball-Community der German All Stars, von Männern in Bangkoks Nächten, von Frauen auch und davon, wie ich schlank wurde auf dem Rücksitz eines Motorrad-taxis. Es geht um Geister, den Zusammenprall zweier Kulturen in meiner Ehe mit Toey, um thailän-dische Spitznamen („Gestatten, mein Name ist Frankfurt“) und vieles mehr. Ich verschweige nicht einmal, dass ich hier lung genannt werde, alter Onkel.“

„Thailand unter der Haut“ ist 240 Seiten stark und kostet 14,90 Euro plus Versandkosten. Es ist im Onlineshop meines Verlegers Oliver Wurm unter folgendem Link erhältlich: www.fussballgold.de

Anno dazumal

Als Gerd Müller zurücktrat        Als Beckenbauer nachtrat

Wenn Ronny mit                         dem Kopf abstaubt

Fußballsprache oder ganz schlechtes Deutsch?

 

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