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Monika Melchert †
(28. Febrauar 2024) - Die Nachricht war kurz. „Leider muss ich Ihnen mitteilen das meine liebe Frau Monika Melchert am Freitag, dem 23.2.2024 verstorben ist. Nach fast 50 Jahren Mitglied im Verein Münchner Sportjournalisten, so lange wie unsere Ehe. Nächstes Jahr hätten wir die Goldene Hoch-zeit feiern können. Der Notarzt sprach von plötzlichem Herzstillstand. Ich bin unendlich traurig.“ Am 18. Mai wäre Monika Melchert 75 Jahre alt geworden. Der VMS trauert
um sein langjähriges Mitglied.
Ehepaare, die als Fotojournalisten arbei-ten und arbeiteten, gab und gibt es einige im Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS). Und schon seit über einem halben Jahrhundert im Verein Münchner Sportjournalisten (VMS): Die Rauchensteiners, die Jochs, die Mühlbergers, die Frinkes. Häufig war der Mann Fotograf und die Ehefrau kam aus einem anderen Beruf.
Nicht so bei den Melcherts. Monika Bludau hatte in ihrer Heimatstadt Essen eine Ausbil-dung zur Fotografin abgeschlossen, sie arbeitete in einer Werbeagentur und später bei einem politischen Fotografen, ehe sie 1971 bei Sven Simon in Essen anfing. Harry Melchert, gebürtiger Hamburger, hatte in seiner Heimatstadt bei Conti Press gelernt – nicht ganz freiwillig. Er wollte Schauspieler werden wie sein Bruder. Die Mutter aber setzte sich mit ihrer Ansicht durch, dass „ein Gaukler in der Familie“ reiche, wie sich der Sohn erinnert. Nach der Lehre arbeitete Melchert als freier Fotograf für den Axel Springer Verlag. Dessen Angebot, zu Bild nach Stuttgart zu wechseln, schlug er aus, er fing 1971 bei Sven Simon in München an.
Es war derselbe Arbeitgeber wie für Monika Bludau, wenn auch in München. Die beiden fanden sich trotzdem, in welchem Fußballstadion, weiß Harry Melchert nicht mehr. 1973 übernahm er, gemeinsam mit Monika, das Münchner Büro der Agentur Horstmüller, beide traten dem Verein Münchner Sportjournalisten (VMS) bei.
Weshalb so lange Mitgliedschaft im VMS? „In München habe ich meine schönste Zeit erlebt,“ sagt Harry Melchert, mit den Olympischen Spielen. Es sei ein Miteinander der Fotografen-Kollegen gewesen „später wurden die Ellbogen spitzer. Wo früher eine Kamera war, sind heute 20. Je billiger die Motorkameras wurden, desto mehr Fotografen gab es.“
Gemeinsam zogen die Melcherts 1974 nach Düsseldorf, 1975 heirateten sie. Harry Melchert: „Da hatten wir endlich mal Zeit.“ Er fotografierte für die Sportredaktion von Bild und Bild am Sonntag in Kettwig, seine Frau arbeitete frei.
1981 führte ihre Deutschlandreise Monika und Harry Melchert nach Stuttgart, wo Harry bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa) Büroleiter für Baden-Württemberg wurde. Wohnen mochten sie mit ihren beiden Söhnen in Stuttgart aber nicht. „Unten im Talkessel gefiel es uns nicht, droben am Killesberg waren die Wohnungen zu teuer.“
Sie siedelten sich in Backnang an, rund 30 Kilometer nördlich von Stuttgart. Monika Melchert arbeitete frei, sie fotografierte auch für den Billard-Weltverband. Wie das? Der Kontakt lief über den vielfachen Weltmeister Torbjörn Blomdahl, einem Schweden, der in eine Backnanger Metzgerei eingeheiratet hat.
2004 legte die Deutsche Presse-Agentur zwei Büros zusammen. Melchert wurde ein Opfer des Synergie-Effekts und ging in Altersteilzeit; seit 2009 arbeitet er frei. Er sagt, rückwirkend betrachtet sei das eher eine glückliche Fügung gewesen, „sonst hätte ich zwei schwere Erkrankungen nicht so gut überstanden“.
Monika Melchert fotografierte zusammen mit Harry bis zuletzt - Sport und für die Auto-industrie, weil sie ihren Beruf liebte. „Wir nahmen aber nur Aufträge an, wenn wir den jungen Fotografen nicht schadeten“, sagt Harry Melchert. Das ist lobenswert und leider nicht selbstverständlich.
Zum Foto schrieb Harry Melchert: „Da wir schon in München den Spitznamen „die Zwei“
hatten gibt es uns nur als Doppelpack.
Die Beisetzung findet im allerengsten Familienkreis statt, von Blumen/Kranzspenden soll bitte Abstand genommen werden. Stattdessen ist es der letzte Wunsch von Monika einen kleinen
Betrag für den Tierschutzverein Backnang. u.U.e.V. Volksbank Backnang IBAN: DE15 6029 1120 0003 6890 00 BIC: GENODES1VBK zu
spenden.
Verwendungszweck/Stichwort: Monika Melchert Blumenspende
Diesem Wunsch ist der VMS nachgekommen!
Im Gedenken an Hans Steinbichler
(12. November 2023) - Der VMS erfuhr erst lange nach seinem Tod vom Ableben seines Mitglieds Hans Steinbichler. Aus Anlass des Premiere des Films "Ein ganzes Leben", das der Regisseur Hans Steinbichler jr. seinem Vater widmete, nachstehend der Text zum 80. Geburtstag von Hans Steinbichler sen.
(Juli 2016) - Mit 14 wurde er Schriftsetzerlehrling. Auch dieser Ausbildungsweg konnte seinerzeit in den Sportjournalismus führen, wie bei den Kollegen Wolfgang Uhrig, ehe-maliger Kicker-Chefredakteur, und Dieter Bracke, einst Ressortleiter Sport der Nürnberger Zeitung. Später stieg Hans Steinbichler zum Maschinensetzer auf („Monotype, der Porsche unter den Setzmaschinen“).
1960 wurde Hans Steinbichler arbeitslos, eine Woche später stand er schon wieder in Lohn und Brot - bei der Solothurner Zeitung; er war kurzerhand ausgewandert. „In der Schweiz verdiente ich viel mehr und die Berge waren ganz nah.“ 1967 wurde er beför-
dert. „Ich sollte die Meldung über einen Bergunfall setzen, aber da stimmte gar nichts. Ich sagte es dem Chefredakteur, weil – ich war dabei. Der ließ mich den Bericht umschre-iben.“ Hans Steinbichler wechselte den Beruf und wurde Redakteur.
In Solothurn ist Steinbichlers Sohn Hans Sebastian (49) geboren. Der Filmemacher gewann 2003 mit seinem Spielfilmdebüt „Hierankl“, einem modernen Heimatfilm, für den er auch das Drehbuch schrieb, den Förderpreis Deutscher Film sowie den Adolf-Grimme-Preis in Gold. Für seinen Film „Die zweite Frau“ (2007) wurde er mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. 2011 erhielt Steinbichler für sein Melodrama „Das Blaue vom Himmel“ den Bayerischen Filmpreis. Es folgte das „Tage-buch der Anne Frank“ 2015 (Regie). Auch Sohn Leonhard ist Filmemacher, vor allem für den Bayerischen Rundfunk (Serie „Die gefährlichsten Schulwege der Welt“). Der Vater sieht seine Söhne selten. „Der Hans ist grad in Tokio, der Leo in Nepal.“
1971 kehrte Hans Steinbichler heim ins Elternhaus nach Kothöd, einem Ortsteil von Ber
nau am Chiemsee. Schrieb für mehrere Zeitungen über Alpines und begann zu fotogra-
fieren. Der Sohn eines armen Kleinbauern („drei Kühe, sieben Kinder“) wurde Chefre-
dakteur der Bergsteiger-Zeitschrift „Bergwelt“. Er schrieb ein Dutzend Bücher. Mit der Hasselblad 6x6 macht er noch immer brillante Fotos in konventioneller Analogtechnik.
Das Fotoarchiv des Alpinjournaisten ist umfangreich, die Zahl der von ihm bestiegenen Gipfel gewaltig, vom Matterhorn bis zum Kilimandscharo. Ganz wichtig war und ist ihm sein Hausberg, der 1813 Meter hohe Geigelstein. Dieser Chiemgauer Gebirgsstock mit seinem Naturschutzgebiet sollte in den 1970er-Jahren für die Alpin-Skifahrer mit Bergbahnen, Skiliften, Hotels, einem Trainingsgelände für den Bundesgrenzschutz und einer Skischau-
kel von Schleching bis Sachrang erschlossen werden. Dagegen kämpften Steinbichler, seine Bürgerinitiative und der Bund Naturschutz fast vier Jahrzehnte. Das brachte ihm den Kampfnamen „Geigel-Stein-Bichler“ ein. 1991 wurde der Geigelstein unter Naturschutz gestellt.
Hans Steinbichler, der am 14. November 2016 80 Jahre wurde, hat mit wortgewaltiger und lebendiger Sprache rund 2.000 Diavorträge gehalten und ist immer noch bis in die ent-legendsten Winkel Bayerns unterwegs. Daheim führt sein liebster Weg hinauf zur Roßalm. Wir wünschen ihm, dass er ihn noch lange gehen kann. Hans Eiberle
Zum Tode von Ludger Schulze
Er hat den Ton gesetzt
Ludger Schulze konnte über Sport schreiben wie kaum ein Zweiter – aber das ist nur ein Vermächtnis von vielen. Ohne ihn wäre die Sportredaktion der SZ nicht, was sie heute ist.
Von Claudio Catuogno und Klaus Hoeltzenbein
Die Rollen sind in der Regel klar verteilt, und das ist gut so. Die Sportlerinnen und Sportler stemmen Pokale in die Höhe – die Journalisten kommentieren leidenschaftlich und streng, ob es auch die richtigen sind, die sich dort im Silberglanz bestätigt fühlen dürfen. Selten, dass diese Rollen einmal getauscht werden. Deshalb war es etwas sehr Besonderes, ausgerechnet den Fußballtrainer Jupp Heynckes im März 2017 am Mikrofon eines Hamburger Hotels sagen zu hören: „Wir brauchen in dieser so schnelllebigen Zeit einen kritischen, unabhängigen, nachdenklichen Journalismus, der den Menschen hilft, die Ereignisse einzuordnen.“
Eine unerwartet deutliche Botschaft, zumal aus seinem Munde, wie Heynckes geständ-nisgleich zugab. Niemals habe er sich in den Anfängen seiner Trainerlaufbahn, die ihn zu Champions-League-Siegen mit Real Madrid (1998) und dem FC Bayern (2013) führen sollte, vorstellen können, „einmal eine Laudatio auf einen Journalisten zu halten“. Erst im Laufe der Jahre, sagte Heynckes, „bin ich allmählich zu der Erkenntnis gelangt, dass Journalisten auch nur Menschen sind“.
Erleichterter Applaus aller Anwesenden, zumal in der Mehrheit der behandelten Berufs-gruppe zugehörig.
Die Laudatio galt einem Mann, der aus Heynckes, dem Journalistenschreck, über Jahr-zehnte fast schon einen Journalistenversteher hatte werden lassen. „Gegenseitiger Re-spekt“, so Heynckes, sei immer „eine belastbare Grundlage“ gewesen für den beruflichen Umgang zwischen ihm und Ludger Schulze, der an jenem Hamburger Abend vom Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS) für sein Lebenswerk geehrt wurde. Ja, so etwas gibt es nicht nur in Hollywood, und ja, der Rollentausch wurde in Hamburg bis ins schräge Detail vollzogen: Ein Weltmeister und Trainer hielt die Laudatio, und der Journalist stemmte, durchaus mit Stolz, einen Pokal in die Höhe.
Kontakte zwischen Fußballprofis und Reportern – meist sind das Zweckbeziehungen des Alltags, die enden, sobald der Anlass für ein Treffen wegfällt. Bei diesen beiden war es anders. Aus Respekt wurde im Alter, im Ruhestand, tiefe Freundschaft. Im März 2017 war Ludger Schulze nicht mehr der Sportchef der Süddeutschen Zeitung, die Ärzte hatten ihm schon zum Sommer 2010 das vorzeitige Laufbahnende empfohlen. In seiner Laudatio formulierte Heynckes am Ende jenen Satz, mit dem auch SZ-Leserinnen und -Leser den Autor Ludger Schulze in Erinnerung behalten dürften: „Seine schön formulierten, mit feiner Ironie durchsetzten Beiträge waren oft journalistische Glanzstücke, die selbst in der an guten Schreibern ja nun wahrlich nicht verlegenen Süddeutschen Zeitung hervorstachen.“
Dass er Sportreporter werden wollte, war Schulze schon klar, als er seine Fußballrepor-tagen noch zu Hause in Beckum/Westfalen in einen Kochlöffel hineinsprach. Er studierte Germanistik und Geschichte, kam 1976 für ein Volontariat zur SZ nach München und landete tatsächlich in der Sportredaktion, wo er zunächst über vieles schrieb – über Hand-ball, Boxen, den Radsport –, später vor allem über den Fußball. Nach einem Abstecher zur Seite Drei wurde er 1993 stellvertretender Sport-Chef, von 2003 bis 2010 leitete er das Ressort.
Fragt man Wegbegleiter, was Schulzes Berichte und Kommentare so einzigartig machte, lautet die Antwort häufig: sein Ton. Präzise informiert, scharf analysierend – und zugleich oft mit jener Ironie durchzogen, die Jahre später auch Heynckes hervorheben sollte, bei der Ehrung 2017. Egal, wie leicht oder schwer ein Thema sein mochte – Schulzes Leser sollten sich immer gut unterhalten fühlen. Und diesen Ton setzte er im SZ-Sport für eine ganze Generation von Journalistinnen und Journalisten: den Sport ernst nehmen, ohne ihn zu ernst zu nehmen. Das ist Ludger Schulzes Vermächtnis. Oder besser: Es ist ein Vermächtnis von vielen.
Bei den Boykott-Sommerspielen 1980 in Moskau, so berichtete es Schulzes Vorgänger und Mentor Michael Gernandt Jahre später, hat sich der junge Reporter mit dem Kürzel L.S. eines Tages auf der Hoteltoilette eingeschlossen, zeternd und hadernd, dass der beste Teil seines Lebens nun wohl vorbei sei – es war sein 30. Geburtstag. Tatsächlich ging für Schulze vieles danach erst so richtig los: Mexiko 1986, Italien 1990, USA 1994, Frankreich 1998, Japan und Südkorea 2002, Deutschland 2006, alle vier Jahre machte sich Schulze auf zur nächsten Weltmeisterschaft, er porträtierte Teamchefs und inter-viewte Torschützen, er interpretierte Niederlagen und ordnete Siege ein, immer wieder erstaunt, „wie glücklich so ein simples Spiel wie der Fußball die Menschen machen kann“.
Zugleich stand Schulze für einen Sportjournalismus, der viel mehr in den Blick nimmt als das, was auf den Spielfeldern passiert. In dieser Hinsicht setzte er ab 2003 dort an, wo sein Vorgänger Michael Gernandt, der die Redaktion mehr als 20 Jahre lang leitete, begonnen hatte: Schulze verstand den Sport als Teil der Gesellschaft und öffnete die Sportberichterstattung in Politik und Gesellschaft hinein. Er interviewte Günter Grass, die Bundeskanzlerin und den Erzbischof von Köln – es waren Gespräche über Fußball, aber auch über das Leben und die Welt.
Nicht nur diese Haltung dem Sport gegenüber ist der Redaktion bis heute geblieben, es sind auch viele jener Kollegen, die Schulze entdeckte und an die SZ band. Schulze för-derte die Sprache – und er förderte junge Journalisten, denen er zutraute, mit ihr umzu-gehen. Viele prägen diese Zeitung bis heute, in der Sportredaktion, aber auch als Res-sortleiter und Reporter in anderen Themenfeldern oder als Korrespondenten in Washing-ton und New York, London und Tokio.
Schulzes Credo als Chef: „Es soll jeden Tag Spaß machen, in die Redaktion zu kom-men.“ Das ist kein schlechtes Motto für die Beziehung zu den eigenen Leuten. Wer da-raus eine generelle Scheu vor Konflikten herausliest, liegt allerdings falsch. Gestritten hat sich Schulze über die Jahre mit vielen, er focht diese Konflikte mit derselben Leidenschaft aus, mit der er sich in der Redaktion für seine Kollegen einsetzte. Oft war das auch nötig, denn was heute relativ weitverbreitet ist – ein Sportjournalismus, der auch dorthin geht, wo es wehtut, der aufdeckt, kontrolliert, kritisiert –, galt vor 20 Jahren vielerorts noch als Nestbeschmutzung. Doch Schulze stärkte in der Redaktion jene Kollegen, die zum Beispiel den Umtrieben bei der Fifa oder im IOC nachspürten, und er gab ihnen alle Rückende-ckung, wenn sie mal wieder nötig war.
Rückblickend ist es geradezu erstaunlich, wie Schulze dieser Spagat immer wieder ge-lang: den SZ-Sport als Leitmedium und unabhängige Instanz zu stärken – und zugleich zu einigen Protagonisten eine freundschaftliche Nähe zu pflegen, wie sie heute nur noch selten möglich ist in einer Branche, die sich immer mehr von Pressekorps abschirmen und von PR-Agenten weichspülen lässt. Schulzes Freundschaft zu Heynckes wuchs über die Jahre. Uli Hoeneß war Gast auf Schulzes Hochzeit. Nicht selten wurden diese vertrauli-chen Beziehungen auf eine harte Probe gestellt – wenn L.S. in der SZ mit spitzer Feder wieder aufschrieb, was aus seiner Sicht eben aufgeschrieben werden musste, beim FC Bayern, beim DFB oder bei der Nationalmannschaft. Gehalten haben die meisten.
So war Ludger Schulze Beobachter, Beschreiber – und manchmal auch Partei. Wie im Jahr 2000, auf dem Höhepunkt der Hoeneß/Daum-Affäre, als Uli Hoeneß den designierten Bundestrainer Christoph Daum in einem Interview ohne Belege unter Koks-Verdacht ge-stellt und sich so die Empörung der gesamten Branche und weiter Teile der Sportpresse zugezogen hatte. Es war dann ein Kommentar von Schulze auf der ersten Sportseite der SZ, der Daum empfahl, die Sache mit einer Haarprobe aus der Welt zu schaffen – und es wurde die berühmteste Haarprobe des deutschen Fußballs. Daum war überführt und als Bundestrainer unmöglich gemacht, Rudi Völler sprang ein, führte die Nationalelf bis ins WM-Finale 2002 – und Ludger Schulze hatte mal wieder ein bisschen in den Sport-Wel-tenlauf eingegriffen. Es waren auch Episoden wie diese, die er 2010 mit berechtigtem Stolz mitnahm von München in die bayerische Provinz.
Mit seinem Ausscheiden bei der SZ kehrte Schulze auch der Stadt den Rücken, in der er gelebt, geliebt und, wie jeder ernst zu nehmende Autor, an der Fertigung seiner Texte gelitten hatte. Er zog um ins Ländliche, nach Laufen, aus familiären wie aus sportlichen Gründen: Er sehnte sich danach, trotz strapazierter Gesundheit das Berchtesgadener Land in endlosen Radtouren zu erkunden. Und, befreit vom Stress des Redaktionsalltags, als freier Autor tätig zu sein.
So spiegelt sich sein Schreibstil und sein enzyklopädisches Fußballwissen heute in nahezu allen Texten des Fußballmuseums des FC Bayern, für das er seit dessen Grün-dung 2012 tätig war. Er editierte dort Sonderausstellungen zu Franz Beckenbauer, Gerd Müller oder Karl-Heinz Rummenigge. Zugleich blieb er der Redaktion in kritischer Distanz verbunden, rief an, wenn er die Dinge anders sah („Schulze!“), aber ohne jede Früher-war-alles-besser-Attitüde, der sich Ex-Chefs unter Bedeutungsverlust so oft neurotisch ergeben. Er blieb, in bestem Sinne, der Freund seiner Zeitung.
Vorigen Donnerstag noch ein letztes Telefonat; das Gespräch war, im Nachhinein, eine traurige Täuschung. Denn am Ende stand ein leider falsches Kompliment: Ludger!, so vital, so lebensfroh, so humorvoll und leicht hast du dich ja schon lange nicht mehr angehört! Er sagte nicht Nein.
Es war um dies und das gegangen in dieser Dreiviertelstunde, im Zentrum natürlich die finale WM-Analyse. Messi, Mbappé, die Marokkaner. Nur über die Deutschen, da hatte man sich vertagt, zum Stammtisch in Laufen im Januar. Am Telefon war keine fachliche Einigung möglich gewesen. Fast so wie früher in der Redaktion, weit vor der unseligen Zeit der Videokonferenzen: Debatte, Streit, energisch, rechthaberisch, so lange, bis eine starke These stand. Dann ab zum (Versöhnungs-)Bier, früher, in den Achtzigern, den Neunzigern, meist ins Heppel & Ettlich in Schwabing oder ins Stadtmuseum gleich um die Ecke von der alten SZ in Münchens Sendlinger Straße.
Es waren wilde, aus heutiger Perspektive unbeschwerte Zeiten. Nun geht einer, der sie mit Lust und Leidenschaft und anschaulich wie kaum ein Zweiter beschrieben hat. Am zweiten Weihnachtstag ist Ludger Schulze im Alter von 72 Jahren gestorben.
Klaus Hoeltzenbein war stellv. Ressortleiter Sport der Süddeutschen Zeitung, später Nachfolger von Ludger Schulze.
Claudio Catuogno war ebenfalls stellv. Ressortleiter und löste Hoeltzenbein als Ressort-chef ab, als der in den Ruhestand ging.
Zum Tode von Edgar Fuchs
Abschied in Záboří
Die letzte Spur zu ihm hatte in den Gemeindeweg von Großdingharting, geführt, Post
leitzahl 82064 in Oberbayern. Das war vor über einem Jahr und bei einem vergeblichen Versuch, ihm am 21.April 2021 zu seinem 80.Geburtstag zu gratulieren. Doch Edgar Fuchs war schon damals wie vom Erdboden verschwunden. Bis sein Name jetzt wieder auftauchte – in einer Randbemerkung der Zeitschrift „Gala“ vom 1.September 2022, unter dem Schlagwort „Abschied“:
„Er war einer der renommiertesten Sportjournalisten, der mit der Sprache spielerisch umgehen konnte wie nur wenige mit dem Ball. Ein Menschenversteher, dem Weltstars wie Franz Beckenbauer oder Kati Witt ihre Autobiographien anvertrauten. Aber ganz beson-ders war Edgar Fuchs ein begnadeter Blattmacher. Am 12.August ist der ehemalige Chef-redakteur der „Gala“ gestorben. Er wurde 81 Jahre alt.“
Wie es seine Art war, so hat sich nun ein großer Schreiber unserer Zunft für immer ver-abschiedet. Still und heimlich in Záboří (Sabor), einem Weiler nördlich von České Budějo-vice (Budweis) in Tschechien. Dort, wo seine Frau Irina zuhause war, hatte es ihn im Ja-nuar 2018 aus der Nähe von München plötzlich hingezogen. Einfach so, ohne Bohei, nur raus aus der Medienstadt.
Vielleicht auch deshalb, weil er es gern mit dem „Lob des Fuchses“ vom großen Tier-freund Alfred Brehm hielt: „Als Einzelgänger geboren, hasst der Fuchs jegliche Rudel und hält sich meist von einem solchen entfernt.“
Der Journalist Fuchs war ein stiller Brüter. Wohl niemand, der einmal neben ihm in der Redaktion gearbeitet hatte, kann sich daran erinnern, dass er jemals laut geworden wäre. Dafür aber knurrend. Etwa wenn er als Textchef bei „Bunte“ einem Kollegen mürrisch das Manuskript über den Tisch zurückschob, und in tiefem boarisch grollte: „Mein Lieber, sog´ amol, mogst mich jetzt verorschen?“ Fuchsig konnte er dann Kollegen spüren lassen, wenn diese nachlässig dachten oder überhaupt nicht. Wie ein Magnet fand er in jedem Text einen Schwachpunkt. Für die Kollegen war er ein „Macho mit dem spitzen Stift“.
Doch kaum einer zog sich deshalb schmollend zurück. Weil alle nachher bei der Wie-
dervorlage ihrer Texte nachlesen konnten, was sie besser hätten machen können. Und wenn gerade Deadline war, dann hat sich Fuchs einfach hingesetzt, die Tür zum Büro abgeschlossen und die ganze Geschichte in Windeseile einfach umgeschrieben. Und der Kritisierte hatte daran schließlich auch noch Freude – die Freude an „seiner“ neuen Sprache …
Hier genoss einer die Macht mit Worten zu spielen, sie zu einem kleinen Kunstwerk in Sätzen zu gestalten. Seine bevorzugte Liebe gehörte dem originellen Gedanken, beson-ders in Titeln und Überschriften. In Erinnerung ist mir ein Fuchs-Klassiker aus seiner Zeit bei der Münchner „Abendzeitung“ während der Olympischen Spiele 1972: „Die anderen siegen – wir bleiben heiter.“ Oder als Textchef von „Bunte“ mit „Das schönste Mauer-blümchen der DDR“ über die Eisläuferin Kati Witt.
Edgar Fuchs volontierte bei den „Oberpfälzer Nachrichten“ in Weiden. Über den Lokal-sport der „Neuen Ruhr-Zeitung“ in Düsseldorf ging es nach München zur „AZ“, wo er auf-stieg zum Stellvertreter des Chefredakteurs.
Dr. Hubert Burda holte ihn 1976 in seine Erstausstattung als Chefredakteur von „Bunte“ nach Offenburg. Fuchs war dort in fast zwei Jahrzehnten nacheinander Sportchef, Text-chef, Geschäftsführender Redakteur.
Am Ende der Karriere wurde er in Hamburg Chefredakteur bei „Gala“ und „Sportbild“, zwischendurch schrieb er Kolumnen für die „Welt“.
Viele Aufgaben, aber nur eine Hingabe: zur „AZ“, das war für ihn nicht nur Arbeits-, son-dern auch Herzensplatz. Seinerzeit geliebt als Redaktion und Indifikation mit dem Münch-nerischen, durch Witz und Esprit. Immer wieder gern hatte man ihm beim Rückblick auf ein halbes Jahrhundert Journalismus zugehört, die „AZ“ von damals, das muss sein Ding gewesen sein! Und während sich nun am Ende die Welt um ihn stetig mehr verdunkelte, verblassten seine schönen Erinnerungen und damit die große Zeit eines außergewöhn-lichen Journalisten. Im Kreise seiner Angehörigen ist Edgar Fuchs schließlich friedlich eingeschlafen. Wolfgang Uhrig
Hennes Küppers †
(17. Dezember 2021) – Am Tag vor dem Heiligen Abend 1962 war es kalt, bitterkalt. Minus 10 Grad, ein eisiger Wind pfiff durchs Karlsruher Wildparkstadion, das Spielfeld war stein-hart gefroren; Rasenheizung gab es erst Jahrzehnte später.
Zwei Münchner Debütanten hatten Lampenfieber, es war ihr erstes Länderspiel: Hans-Josef Küppers vom TSV München von 1860, der „Hennes“, endlich Nationalspieler, am 23. Dezember 1962, einen Tag vor seinem 24. Geburtstag. Und Hans Eiberle (24), der für die Süddeutsche Zeitung zum ersten Mal über ein Länderspiel berichtete. Unter anderem das, mit steifen Fingern live in die Schreibmaschine gehackt:
77. Minute: Wieder ist Schnellinger mit nach vorne gegangen. Seine Flanke kommt in den Strafraum, senkt sich auf den Kopf des hochsteigenden Schütz und wieder ist Anser-met geschlagen. Es steht 4:1. Der Konten ist geplatzt, denn schon 60 Sekunden später reißt Küppers jubelnd die Arme hoch. Aus der Luft hat er den von Schütz gekommenen Ball zum 5:1 ins Netz gesetzt. Im ersten Länderspiel gleich Torschütze, wenn das keine Empfehlung ist!
Die Kritik über Küppers und den gleichfalls zum ersten Mal von Bundestrainer Sepp Herberger berufenen Sechziger Alfred „Fredi“ Heiß las sich so: „Während Heiß sich auf die schwere Aufgabe seines ersten Spiels im Nationaltrikot vorbereiten konnte, traf seinen Vereinskameraden Küppers die Kunde von der Erkrankung Friedhelm Konietzkas und seiner Nominierung völlig überraschend. Vielleicht spielte der „Hennes“ gerade deshalb ungehemmeter, selbstbewußter. Er fügte sich gut ein, schleppte die Bälle wie gewohnt, war einsatzfreudig, trennte sich nach Dribblings stets rechtzeitig vom Ball und nützte seine Torschance, als sie sich ihm bot. Sein oft erprobtes Zusammenspiel mit Heiß war natürlich untadelig.“
Hennes Küppers war deutscher Meister 1966 mit 1860, DFB-Pokalsieger mit Schwarz-Weiß Essen (1959) und 1860 (1964). Er spielte außerdem für den 1. FC Nürnberg, SV Wattrens, SSW Innsbruck und FC Lugano. Küpppers brachte es auf insgesamt 7 Länder-spiele; der SZ-Reporter beschrieb bis 1992 deren 160.
Hans-Josef Küppers starb am 15. Dezember in Essen an den Folgen eines Schlagan-falls. HE
Sigi Bergmann †
"Sonst wäre ich ja schon 120 Jahre"
17 Jahre Sport am Montag, 3500 Boxkämpfe kommentiert – und dann kamen noch 300 hinzu. Vom wem hier die Rede ist? Natürlich von Dr. Sigmund „Sigi“ Bergmann, die Sport-reporter-Legende Österreichs, er war für sein Land, die Alpenregion, auch noch bei Olympia 2016 in Rio mit dabei. Anlässlich der Mitgliederversammlung von Sports-Media-Austria (SMA) in Fieberbrunn-Hochfilzen (2016) ernannten die SMA-Kollegen ihren „Sigi“, wie ihn alle genannt haben, zum Ehrenmitglied – die Tagungsteilnehmer quittierten dies damals minutenlang mit Standing Ovations.
Doch nun trauert nicht nur die österreichische Sportwelt, sondern viele Frauen und Männer um einen Menschen, der das Prädikat „Sportkollege“ stets verdiente. „Weil er einfach einer der Besten von uns war“, wie es anlässlich seines 80. Geburtstags immer wieder gesagt wurde: Er, der Streitbare, Kämpferische und Vorausschauende, er, im Sternzeichen Steinbock Geborene.
Als er im Mai 2016 bei der Tagung der österreichischen Sportjournalisten (SMA) erneut für die Boxwettkämpfe der olympischen Sommerspiele akkreditiert wurde, war das schon eine außergewöhnliche Legimitation. Schließlich war Bergmann damals 78 Jahre, und es waren seine 21. Olympischen Spiele: „Sommer- und Winter schickte Sigi Bergmann schnell hinten nach. Sonst wäre ich ja schon 120 Jahre“, meinte er damals schmunzelnd. Dennoch fand er es wahnsinnig, dass „mir, einem Greis, noch einmal die Chance gegeben wird, mein Kommentatoren-Dasein zu verlängern – vermutlich um 300 Boxkämpfe“.
Dabei hat Bergmann, der schon mit der Ehrenmedaille des Bundeslands Österreich aus-gezeichnet wurde, den Beruf des „Sportjournalisten“ vielleicht nie so klassisch angepeilt, wie man es vielleicht vermuten möchte, obwohl er einräumte, den Job „von der Pike auf gelernt zu haben“. Aber es wäre nicht Sigi Bergmann, würde da nicht noch viel mehr da-hinterstecken. Er machte eine Ausbildung zum Opernsänger und war promovierter Hi-storiker. Und wie sagte er an seinem 80. Geburtstag: In meinem zweiten Leben werde ich Opernsänger.
2013 erschien sein Buch „Aus dem Notizbuch eines Sportreporters“, und dort flossen auch historische Fakten ein. Eigentlich, so erklärte er immer wieder, wollte er keine Bio-grafie schreiben, geworden ist daraus eine Sammlung von Episoden und Erlebnissen, da-runter auch viele heitere Geschichten, die besonders amüsant rüberkamen, wenn sie Sigi Bergmann mit einer Portion Selbstironie vorgetragen hat, wie etwa im „Tirol-Haus des HSV-Hochfilzen, unweit der damals gerade im Bau befindlichen Biathlon-Anlage für die WM 2017.
Der Sportjournalist, der seit Jahrzehnten mit der Krankheit Diabetes Typ I leben musste, betrachtete in seinen Erinnerungen auch die Kehrseite der Medaille und verhehlte nicht, dass olympische Spiele nicht zuletzt seit den Anschlägen 1972 in München (es waren seine zweiten als Box-Kommentator) zu Hochsicherheits-Spielen geworden sind.
Er schildert in seinem Buch den schrecklichsten Tag seines Lebens, als seine Mutter von Nazi-Soldaten erschossen worden war und er, der siebenjährige Bub, während sie verblutete, zehn Minuten lang in ihrem Arm gelegen habe. Es war ein Trauma, das er immer mit sich herumgetragen hat, von dem er sich niemals befreien habe können. Es war das erste Mal, dass er in seiner Autobiographie über den 17. April 1945 so ausführlich berichtete.
Natürlich darf in den Lebenserinnerungen eines Sigi Bergmann nicht fehlen: Jene an den großen Muhammad Ali (Cassius Clay), dessen große Kämpfe er (Sigi Bergmann) allesamt kommentiert hat und dessen Fan er immer gewesen war. Etwa als Bergmann Muhammad Ali am 17. Oktober 1999 in der Wiener Staatsoper gesehen hat, als der bei einem Festakt zum Sportler des Jahrhunderts gekürt wurde, und wie es ihm gelungen war, den schwer von Parkinson gezeichneten größten Boxer aller Zeiten die Hand zu reichen. Und dann drückte es selbst den Zuhörern die Tränen in die Augen, wenn Sigi Bergmann beschrieb, wie sich Ali an seinem Nacken festgehalten „von ihm habe hochziehen lassen und ihm ins Ohr flüsterte: „Allah, bless you! – Gott segne dich!“ Ruhe in Frieden, Sigi. Margit Conrad
Jürgen Kemmler †
Der Horsemann
(26. Oktober 2021) - Verlässlichkeit war für Jürgen Kemmler stets eine Maxime. Ob als Lehrer, als Absolvent der Bayerischen Sport-Akademie: er hatte gelernt, Hilfestellung zu leisten. Schon bald wechselte der junge Mann aus Backnang (nordöstlich von Stutt-gart), aufgewachsen bei seinem Onkel, zum Bayerischen Land-wirtschaftsverlag (BLV). Kemmler war eine "Perle" für diesen Ver-lag. Schwerpunkt war stets der Sport.
Alpinismus prägte den Journalisten. U.a. schrieb er für Reinhold Messner, der ihn auch privat sehr schätzte. Die oft zitierte Verläss-lichkeit in einer Seilschaft, das war Kemmlers Metier. Die Grundausbildung im Berg- und Skisport hatte in Kemmler einen Paten, mit Messner als perfekten Partner.
Mit dem ihm eigenen Fleiß, mit Geduld und Ausdauer entwickelte er Themenbereiche, die es seinen Lesern erlaubten, hineinzuschnuppern und sich erste Schritte zu gönnen. "Rich-tig Skifahren" entsprang Kemmlers Feder. Das Buch fand so viel Anklang bei seinen Le-sern, dass eine Zugabe verlangt wurde. Kemmler hatte den BLV-Verlag als Lektoratsleiter zum Marktführer geführt.
Seit seiner Kindheit hatte der einstige Sportlehrer allmählich sein Hobby Reiten zum Beruf gemacht. "Modernes Reiten" und "Mit Pferden durch das Jahr" waren Bücher, in die er sein ganzes Wissen packte. 25 Jahre (bis 2007) schätzten die Leser von Bayerns Pferde ihren Chefredakteur.
Das setzte sich auch im Privaten fort. So begleitete Jürgen Kemmler seine Tochter Julia (aus erster Ehe mit Evi) bis hin zu großen Erfolgen als Vielseitigkeitsreiterin. Anerkennung und Lob kam z. B. von Bruno Six, einer der besten Kaderreiter des Verbandes.
Kemmler war einer der Ersten, so Six, der uns Vielseitigkeitsreitern das Intervall-Training für Geländepferde näherbrachte. Nicht nur sie hatten dem "Horseman" Kemmler viel zu verdanken.
Die Vierbeiner bestimmten sein Leben. Dazu Ehefrau Elke: „Ohne Pferde war mein Mann nicht vorstellbar.“ In Dettenschwang bei Dießen hatte sie die Passion ihres Gatten fast 20 Jahre geteilt.
Wenige Wochen vor seinem plötzlichen Tod Mitte Oktober, als Kemmler bei einem Spa-ziergang verunglückte, hatte er noch bei bester Gesundheit seinen 80. Geburtstag gefeiert. Seine Freunde und Kollegen können es bis heute nicht fassen. Kurt Zwingmann
Rainer Martini †
Der radikale Ästhet
Bei Conti-Press in Hamburg macht er seine ersten professionellen Fotos. So auch vom Fußball-Länderspiel Deutschland-Schottland am 22.10.1969 im Hamburger Volkspark-
stadion. Neben ihm sitzt Sven Simon, der Sohn von Axel „Caesar“ Springer, mit dem er während des Spiels ins Gespräch kommt. Noch am selben Abend bietet der ihm an, ab dem 1.1.1970 in München bei der neu gegründeten Fotoagentur-Filiale von Sven Simon anzufangen.
Rainer Martini trifft (s)eine Lebensentscheidung und sagt zu. In München begegnet er seinem Bruder in Seele und im Geiste: Hans Rauchensteiner. Der ewige Zeitdruck im Agenturbusiness entspricht nicht seinem Gefühl für Foto-grafie. So macht er sich 1973 selbständig und macht sich auf den Weg, einer der weltweit besten, anerkanntesten und vor allem erfolgreichsten (Sport)Fotografen zu werden.
Fortan verleiht er der (Sport)Fotografie seine eigene Note. In Habitus, Gestus, Auftreten und Charakter ist Rainer ein Gentleman, in der Fotografie ein radikaler Ästhet. Nicht etwa die Exklusivität seiner Standpunkte, die teilt er mit anderen auch, nein, sein individueller Blick, sein grafisches Auge und sein exaktes Gespür für „den“ Moment bringen Bilder hervor, die staunen lassen - auch und vor allem seine Kollegen.
Unzählige Preise, Bücher und Auszeichnungen belegen das außergewöhnliche Niveau des Fotografen Rainer Martini. Komplimente quittiert er seit jeher mit dem ihm eigenen, leisen Lächeln. Lautstärke ist ihm fremd, das stille Arbeiten ist ihm näher.
„Grandseigneur“ nennen sie ihren langjährigen VDS-Fotografensprecher, fast ehrfürch-tig. Er konnte auch „hart“ sein in dieser Funktion, als er den Kollegen Wolfgang Rattay und mich 1986 in Mexico für den Innenraum des Finales sperren lässt. Wir hatten beim Halbfinale Deutschland gegen Frankreich in Guadalajara verbotenerweise den Platz be-treten. Für ihn völlig untypisch, verliert er einmal kurzzeitig seine sprichwörtliche, char-mante Contenance.
Nach dem WM-Finale 1990 in Rom legt er sich mitten im „stern“- Büro auf den Boden, wo er kurzzeitig schreiend sehr lange liegen bleibt. Die Veranstalter hatten zur Pokalüber-gabe das Licht gelöscht, ohne vorher die Medien zu informieren. So jubelt die deutsche Mannschaft in finsterer Dunkelheit. Sein Blitzgerät hat er nicht eingepackt. Nach gutem Zureden überlässt er mir dann doch seine Filme.
So zieht er sich nach der Fußball WM 1990 in Italien langsam aus der Sportfotografie zurück. Er gründet in der Folgezeit die Agentur „Look-Photo“, wo er seine radikale Ästhe-tik in Landschafts- und Reisefotografie auslebt und realisiert. Bei „Look-Photo“ sind sei-ne außergewöhnlichen Bilder bis heute die qualitative Referenz. Sein Wissen, seine Vi-
sion und seine Leidenschaft für Fotografie gibt er weiter in Workshops, abgehalten u.a. in Namibia, in der Toskana, in seiner fotografischen Lieblingsstadt Venedig. „Ich bin hun-derte Male dort gewesen, ich muss noch hunderte Male dorthin, bis ich das Foto gemacht habe, das mir restlos gefällt,“ sagt er nach einem Assignment in Venedig, das ihm zu er-teilen ich die Ehre hatte.
Ein Fotochef ist Probleme gewohnt, in deren Lösung erprobt. Eine Auswahl seiner stil-sicheren, unfassbar pointierten Bilder zu treffen, stellte mich vor ein gefühlt unlösbares Problem, auch wenn er dem Druck-Ergebnis vorbehaltlos zustimmte.
Rainer Martini wird fehlen mit seiner radikalen Ästhetik und seinem liebevollen Blick auf die Welt. Irgendwo wird er Hans wieder treffen, Hans Rauchensteiner, der im März dieses Jahres ihm vorausgegangen ist.
In dieser Welt hinterlässt Rainer seine Frau Brigitte, seine Tochter Cornelia und seine Söhne Markus und Sebastian. Rüdiger Schrader
Werner Rzehaczek †
WEREK - ein Pionier der Münchner Sportfotografie
(4. Dezember 2019) - WEREK - das war das Kürzel aus dem Namen Werner Rzehaczek; er wählte es 1967, als wir uns in München trafen. Mich, Norbert Rzepka, hatte er da be-reits von der Fotoagentur Horstmüller (Zweigstelle München) abgeworben.
In kurzer Zeit bekam der Name Werek durch Werner und mich einen guten Klang in den
Sportredaktionen des Landes. Werner, ein gelernter Fotokaufmann aus der Stuttgarter Ge-gend, und Norbert, ein Fotograf mit Gesellenbrief und abgeschlossenen Volontariat als Sportfotograf bei der
Agentur Horstmüller in Düsseldorf, fanden zusammen. Werner der zuvor in München bei der Messegesellschaft als Fotograf und nebenbei als Presse-fotograf für die Münchner Zeitungen Lokalfotos (u.a.
auch Sport) gemacht hatte, konzen-trierte sich auf meinen Rat hin völlig auf den überregionalen Sport. Dank seiner kaufmän-nischen und organisatorischen Fähigkeiten sowie seinem
Durchsetzungsvermögen ging es recht schnell voran. Gestartet in der Privatwohnung, dann unterm Dach schon mit Fotolabor und Laborantin, zogen wir zu Beginn der Siebziger Jahre an den Stiglmeierplatz
in große Büro- und Arbeitsräume.
Die Agentur wuchs stetig. 1970 überredete mich der WEREK zum Aufbau eines Büros in
Düsseldorf, wenig später machte Uli Baumgarten für ihn ein Büro für Politikfotos in Bonn auf. Die Agentur beschäftigte teilweise 15 bis 20 Fotografen, Bürokräfte, Volontäre und Laboranten und
hatte auf dem Zeitungsmarkt eine starke Position. Zahlreiche Volontäre
durchliefen die harte Schule der Pressefoto-Agentur WEREK und sind heute gestandene Könner ihres Fachs.
Der Werek selbst arbeitete rund um die
Uhr. Freizeit, Familie waren Fremdwörter und seltene Gelegenheiten. Alle Großereignisse in Sport und Politik wurden abgedeckt. Die analoge Bilderflut aus München, Düsseldorf und Bonn goss sich über
Jahrzehnte über die Redaktionstische der Verlage.
Werner wurde wohlhabend und baute sich ein Haus am Gardasee das er guten Freun-den und Mitarbeitern kostenlos zur Verfügung stellte. Er war großzügig und feierte gern in
Ge-sellschaft mit Freunden und auch Kollegen. Einem guten Tropfen war er nie abge-neigt. Der gute Tropfen wurde leider auch sein Freund und brachte ihn in kleine und große Schwierigkeiten.
Mit 55 Jahren stieg der Werek aus und verkaufte seine Agentur mit Archiv, zog mit seiner
südkoreanische Frau Young und Sohn Klaus nach Reit im Winkel und gab den Pensionär.
2002 wanderte er mit Frau und Kind nach Thailand aus.
Im Dezember 2009 erreichte mich von dort sein Hilferuf. Werner war schwer krank, hatte eine Infektion im Bein und hatte kein Geld, um die Krankenhauskosten zu bezahlen und musste zur
Behandlung nach Deutschland. Als Pfand für die Schulden hinterlegte er den Pass seiner Frau Young. Mit großer Unterstützung der Kollegen sammelte ich 10.000 Euro und konnte so die Rechnung bezahlen.
Werner lag wochenlang im Krankenhaus in Erding. Sein Bein blieb stark lädiert und eine Behinderung. Frau und Sohn folgten ihm nach Erding, dort
lebten sie von Werners Grundrente.
Die letzten Jahre waren bitter für Werner, aber er ließ sich das nicht anmerken. Für
ihn muss dieser Niedergang schrecklich gewesen sein. Er suchte vielleicht deshalb nicht mehr den Kontakt zu seinen früheren Kollegen.
Werner und ich hatten uns schon im August 1976 getrennt. Ich machte mich selbständig
und arbeitete bis 2011 erfolgreich als freier Sportfotograf. Sein Tod kam für mich überra-schend, den bei einem Telefonat Anfang November hatte er sich
noch optimistisch über seine Gesundheit
geäußert.
Norbert Rzepka
Jan Eberhard Vaubel †
Chemiker, Kompaniechef, Gründungsmitglied der tz
(22. Juni 2019) - Der am 9. April 1935 in Gießen geborene Vaubel kam über Umwege zum Journalismus: Abitur, Diplom-Chemiker, Kompaniechef der ABC-Truppe der Bundeswehr, Magisterstudium Pädagogik Politik und Psychologie. Das bei der Gießener Freien Presse begonnene Volontariat beendet er bei der dpa in München.
Er war Gründungsmitglied der Boulevardzeitung tz, Pressechef der Wienerwald AG, half beim Aufbau des Infosystems Golem für die Olympischen Spiele 1972 schrieb darüber.
Während der Spiele verantwortete er die Tageszeitung für das olympische Dorf.
Danach ging Vaubel als Pressechef zum Bayerischen Landessportverband und war für die Verbandszeitung Bayernsport verantwortlich. Beim Burda-Verlag wurde Vaubel CvD von Ambiente, ehe er für ein Jahrzehnt zum Deutschen Skiverband als Chefredakteur der Zeitung ski wechselte. Mehr als drei Jahrzehnte lang kümmerte er sich im Nebenerwerb bei der Süddeutschen Zeitung um den Amateurfußball.
Wie zahlreiche Kollegen seines Jahrgangs war Eberhard Vaubel Leistungssportler. Er war mit 1860 München deutscher Mannschaftsmeister. Sechsmal trug er als Weitspringer (7,44 m) das Nationaltrikot, er lief in der 4x100-m-Staffel der Bundeswehr, die 1960 in Athen den Militär-Weltmeistertitel gewann. Hans Eiberle belegte damals im Weitsprung den 4. Platz (7,20 m). 29 Jahre später wurde Eiberle 1. Vorsitzender des Vereins Münch-ner Sportjour-nalisten und Eberhard Vaubel sein Stellvertreter.
Später sportlicher Höhepunkt war die 4x100-m-Staffel bei VDS-Sportfest 1966 im Berli-ner Olympiastadion, mit SZ-Sportressortleiter Ludwig Koppenwallner, seinem Nachfolger Mi-chael Gernandt und SZ-Fußballschreiber Hans Eiberle. Obwohl Koppenwallner einen Mus-kelfaserriss erlitt und ins Ziel humpelte, gewann das VMS-Quartett in 46,0 Sekunden, schneller als die US-amerikanischen Olympiasiegerinnen 1936.
Auf La Palma spielte er Tennis, stärkte die Muskulatur im Fitness-Studio, besuchte als „Aficionado“ Fußball- und Basketballspiele. Was in seiner ehemaligen Heimat geschah, erfuhr er aus FAZ, Bild, Spiegel, ZEIT und Kicker. Zu Weihnachten 2014 hat ihm seine Frau Renate ein Auslands-Abo der Süddeutschen Zeitung geschenkt.
Sorgen, dass die Westseite seiner Insel einmal ins Meer rutschen könnte, machte sich Jan Eberhard Vaubel nicht. Der Geologe, der das prophezeie, sei unter Seinesgleichen ein großer Außenseiter, sagte er. Wenn der aber doch Recht behalten sollte, „dann schwimmen wir auf einem noch nie dagewesenen Tsunami gen Osten bis zur amerikanischen Küste“.
Jan Eberhard Vaubel ist schon unterwegs, auch ohne Tsunami. Er starb am 8. Juni 2019. Seine Frau Renate erfüllte ihm seinen letzten Wunsch und streute seine Asche ins Meer. H.E.
Wilfried Kohlars †
V.l.: Peter Grosser, Rudi Steiner (†2015), Wilfried Kohlars (†2019), unbekannt, Physio-therapeut Hans Montag (†1997), Željko Perušić (†2017), Hans Rebele, Fredi Heiß, Petar Radenković, Hans Reich, Otto Luttrop (†2017), Manfred Wagner (†2015), Hennes Küppers.
(8. Juni 2019) – Fußballspieler der Moderne werden früh umgeschult: Vom Angreifer zum Defensivspieler, und umgekehrt. Vor über einem halben Jahrhundert war das noch an-ders. Wilfried Kohlars wechselte bei 1860 München nach Bedarf. Beispielsweise spielte er 1964/65 im Europapokal der Pokalsieger gegen den FC Porto im Angriff, gegen den AC
Turin (mit Gerry Hitchens) und West Ham United (mit den späteren Weltmeistern Martin Peters und Geoff Hurst) in der Defensive.
Wilfried Kohlars, Willi gerufen, war auch später noch rank und schlank. Er rauchte nicht, spielte leidenschaftlich Tennis und Golf. Aber mit 60 benötigte der ehemalige Fußballprofi eine neue Herzklappe, mit 70 überlebte er einen Herzinfarkt. Bis 2015 verbrachte er die Wintermonate in Südafrika. Zuletzt litt er an Demenz. Am 5. Juni 2019 ist Wilfried Kohlars im 80. Lebensjahr gestorben.
Als Trainer Max Merkel den 23-jährigen, der vom TSV Troisdorf zum MSV Duisburg ge-wechselt und mit ihm aus der Oberliga West abgestiegen war, zu 1860 holte, riet er Koh-lars, der mit dem Reissbrett ins Trainingslager einrückte, es im Berufsleben zu was zu bringen, denn Fußballspielen könne er nicht.
Ein Irrtum – Wilfried Kohlars gelang beides. Er schloss sein Studium an der TU München als Dipl. Ing. ab, gründete ein Ingenieurbüro und investierte früh in Gewebeimmobilien, vor allem im Münchner Osten. Und er wurde mit 1860 Süddeutscher Meister 1963, gleichzeitig die Qualifikation zur neuen Bundesliga, gewann 1964 im Stuttgarter Finale gegen Eintracht Frankfurt den DFB-Pokal (Torschütze zum 1:0) und 1966 die deutsche Meisterschaft, stand im Finale des Europacups der Pokalsieger, das die Sechziger 1965 im Londoner Wembley-stadion 0:2 gegen Westham United verloren.
Von 1963 bis 1970 spielte Wilfried Kohlars 141mal in der Bundesliga und erzielte 45 Tore. In der Spielzeit 1967/68 gelang Kohlars ein persönlicher Rekord mit 15 Treffern; er lag damit vor Günter Netzer (13) und Uwe Seeler (12), Bester war der Kölner Hannes Löhr (27).
1969 beendete Wilfried Kohlars seine Laufbahn, ließ sich aber zu einem Comeback unter Trainer Franz Binder überreden, der die Mannschaft am 13. November 1969 von Fritz Langner mit 5:21 Punkten und 9:26 Toren übernommen hatte. Kohlars erzielte in 21 Spie-len zehn Tore, die Mannschaft stieg aber trotzdem als Tabellenvorletzter ab (25:43 Punk-te). Zum letzten Mal in der Bundesliga spielte Wilfried Kohlars am 3. Mai 1970 im Stadion an der Grünwalder Straße gegen Rot-Weiss Essen (0:0). Das Löwentrikot trug er zuletzt am 8. November 1970 beim Auswärtsspiel gegen Schweinfurt 05 (2:2).
Bei der Trauerfeier in St. Lorenz in Oberföhring sprach Fredi Heiß für seine ehemaligen Mannschaftskameraden, von denen Peter Grosser, Hans Reich, Hans Rebele, Bubi Bründl und Bernd Patzke dem Sarg folgten.
Wolfgang Weingärtner †
Mitbegründer des Qualitätsjournalismus im SZ-Sport
Über Wolfgang Weingärtner, zuletzt ältestes Mitglied des Vereins Münchner Sportjournalisten (VMS), kursierte in der Szene eine Vielzahl bunter Geschichten. Sie haben im Verlauf seines langen Be-rufslebens noch allerlei Ausschmückungen erfahren und gipfelten meist in allerlei bemüht-gewundenen, gleichwohl zutref-fenden Etikettierungen: Schwergewicht der Sportredaktion der Süddeutschen Zeitung, Skipapst, Institution an der Piste, Lebens-künstler, Edelfeder, Mitbegründer des bekannt kritischen Sportjour-nalismus der SZ, Frei- und Widerspruchsgeist, liberales Gewissen des Sports.
Wenn Weingärtner derlei zu Ohren kam, verzog er das Gesicht. Elogen für seine Per-son? „Ja, schleicht's euch doch“. Weingärtner gehörte zu den Uneitlen der Branche, Mit-telpunkt zu sein verabscheute er, Chef im Ring war er am liebsten nur, wenn ihm in seinem Refu-gium am oberbayerischen Staffelsee seine geliebten, stets hungrigen Enten Kasper und Gretl zwecks Nahrungsaufnahme die Aufwartung machten.
Bevor der Münchner Wolfgang Weingärtner nach dem Einstieg in den Sportjournalis-mus dort auffällig wurde, hatte er beträchtliches Geschick entwickelt, unauffällig zu sein. Das könnte ihm geholfen haben, hat er einmal überlegt, den Kriegsdienst in der Uniform der Luftwaffe ohne Schrammen hinter sich gebracht zu haben. Noch bevor das Inferno 1939 über die Welt hereinbrach, war der Münchner Abiturient in Breslau deutscher Jugendmeister im Rückenschwimmen geworden. Dass er dort Ludwig Koppenwallner von der Fraktion der Leichtathleten begegnete, dem späteren deutschen Hochsprungmeister (1947+48) und ersten Sportchef der Süddeutschen (seit 1946), war dem Umstand einer Sichtung des deutsches Sportnachwuchses aus verschiedenen Verbänden geschuldet, nicht schon für Olympia 1940, aber doch wohl für 1944 (beide Spielen fanden aus be-kannten Gründen nie statt).
Im Jahr 1948 trafen sich der „Koppe“ (Koppenwallner) und der „Wolfe“ (Weingärtner) wieder: in der Redaktionsstube des SZ-Sports in Münchens Sendlingerstraße 8. Wein-gärtner, der angehende Referendar der Jurisprudenz, hatte Interesse am Sportjournalis-mus erkennen lassen - und Koppenwallner zugegriffen. So begann die bemerkenswerte Karriere des Sportjournalisten (und Nebenher-Rechtsanwalts) Wolfgang Weingärtner, der erst Freier Mitarbeiter und ab 1958 als Redakteur. Er war der Jüngste des „magischen Dreiecks“ im SZ-Sport, das er mit Koppenwallner und dem Fußballchef Hans Schiefele bildete. Und das den Grundstein legte für den bundesweit bekannten Qualitätsjournalis-mus im Sport der Süddeutschen Zeitung.
Weingärtner hätte es sicher entrüstet von sich gewiesen, wenigstens Mittelpunkt dieses Trios gewesen zu sein. Und der Feststellung, mit seinen Reportagen und Kommentaren vom Schwimmen, Tennis, vor allem aber vom alpinen Skisport die Arbeit seiner Redaktion vorbildhaft und auf Jahre hinaus geprägt zu haben, kann er nun auch nicht mehr wider-sprechen. Wolfgang Weingärtner ist zu Silvester des vergangenen Jahres im Alter von 97 Jahren in seiner Geburtsstadt München gestorben. MG
Johann Holzhauser †
Vom Kameramann zum Regisseur
(14. November 2018) - Johann Holzhauser, der frühere Redakteur und Regisseur des Bayerischen Rundfunks, ist schon am 13. Oktober im Alter von 81 Jahren verstorben. Er begann als Kameramann, drehte für Heinz Mägerleins Sendungen „Zwischen Sommer und Winter“ und „Zwischen Winter und Sommer“. Mägerlein war es auch, der Johann Holzhauser zusammen mit dem Bergfilmer Hermann Magerer 1971 in die Sport- und Freizeitredaktion des Bayerischen Fernsehens holte. Als Redakteur kam Holzhauser auch bei den Olympischen Spielen in Innsbruck zu einem Kurzeinsatz als Reporter. Seine Berufung fand er jedoch als Regisseur, zu einer Zeit, da die alpinen Wettbewerbe oder auch Biathlon und Skispringen noch nicht mit über 30 Kameras wie ein Event begleitet wurden, sondern noch der Sport und die schönen Bilder im Blickpunkt standen und mühsam mit wenigen technischen Hilfsmitteln eingefangen werden mussten.
Beim Bob setzte Sportchef Eberhard Stanjek drei EB-Kameras an Start und Ziel sowie im Kreisel ein. Beim zweiten Lauf bekamen diese andere Positionen und am Ende wurde aus beiden Läufen eine Fahrt zusammengeschnitten. Zusammen mit Chefkameramann Utz Lichtenberg, Fred Schuster in der MAZ und Technik und dem heute immer zwischen München und Südafrika pendelnden Redakteur, Moderator und Kommentator Manfred Vorderwülbecke, der noch Jahre später, als Parkinson grausam die Laufbahn von Holzhauser beendet hatte, mit ihm zum Angeln ging und anschließend die Fische zum Räuchern und auf den Tisch brachte, ließen sich die BRler im Wintersport immer wieder Neues einfallen und wurden ihrem Ruf als „Schneeflockensender“ mehr als gerecht. Mit einfachen Mitteln, heute kaum mehr vorstellbar.
Beinahe hätte es bei einer Biathlon-WM in Ruhpolding sogar einen politischen Skandal gegeben, als Holzhauser sich beim Zieleinlauf nicht auf den späteren Sieger, Wolfgang Siebert aus der DDR, fokussierte, sondern einen jungen bayerischen Lokalmatador, Herbert Fritzenwenger, ins Ziel stürzen ließ. Die DDR drohte damals mit der Abreise.
Viel zu früh musste Johann Holzhauser seinen Beruf und Berufung an den Nagel hängen. Mit Michael Senge hat er einen Nachfolger als Sportregisseur ausgebildet, der sich noch heute gerne an den Lehrmeister erinnert. Auch daran, dass sich das Team um Johann Holzhauser bei den Vorbesichtigungen der Skipisten und Schanzen gerne am jeweils höchsten Punkt aus einem Flachmann ein Schnäpschen gegönnt hat.
Den Lebensabend konnte Johann Holzhauser wieder in seinem Haus in Garching, liebevoll betreut von Ehefrau Hildegard und einem Pfleger, verbringen. „Wir kommen gut zu recht“, hieß es zu seinem 80.Geburtstag, was alle seine früheren Kollegen und Freunde damals sehr freute.
Jetzt informierte Sohn Stefan über den Tod des Vaters. Ruhe in Frieden. W. R.
Die Beerdigung fand im Familienkreis statt.
Wolfhard Hillerkus†
Der Eiskanal war seine Welt
(28. September 2018) - Wenn der Name Wolfhard Hillerkus im Kolle-genkreis fiel, wusste jeder gleich, worum es ging: Fast immer um den Bob- und Rodelsport. Über 20 Jahre lang berichtete der gebürtige Ostberliner für dpa von den Eiskanälen rund um den Globus. Dort war er zuhause, war vernetzt wie fast kein anderer und als absoluter Fach-mann anerkannt.
Nun ist Wolfhard Hillerkus im 79. Lebensjahr gestorben. Der Verein Münchner Sportjournalisten (VMS) verliert in ihm einen angesehenen Kollegen und ein langjähriges Mitglied.
Der Weg zum Sportjournalismus war für Hillerkus keineswegs vorgezeichnet. Nach dem Abitur studierte er zunächst Maschinenbau, schmiss aber das Studium und fuhr drei Jahre auf einem Frachter weltweit zur See.
Sport interessierte ihn aber schon immer. Wieder an Land, heuerte er als Volontär bei der Hannoverschen Neuen Presse an. Über die Rheinzeitung in Bad Kreuznach und den Sport-kurier in Augsburg landete er bei der dpa in München.
Dort kümmerte er sich unter anderem um Fußball (FC Bayern, 1860), den Schießsport, Eishockey und natürlich um Bob und Rodeln. Hillerkus berichtete von vielen Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften. Vor allem Schorsch Hackl sorgte jahrelang da-für, dass es immer etwas für ihn zu schreiben gab. Der Deutsche Bob- und Schlittensport-verband (DBSV) würdigte seine langjährige, engagierte Arbeit und zeichnete ihn mit dem honorigen „Richard-Hartmann-Preis“ aus.
Hillerkus schrieb nicht nur über Sport, sondern war auch selbst sportlich aktiv. Wenn im-mer es ging, spielte er Tennis und fuhr mit seiner Frau Katharina, mit der er 44 Jahre ver-heiratet war, Ski.
Im Ruhestand war ihm das nicht mehr vergönnt. Eine Krankheit bremste ihn immer mehr ein, die letzten Jahre war er praktisch ans Haus gebunden. „Der Tod war schließlich eine Erlösung“ sagte seine Frau. Mit ihr trauern viele Münchner Kollegen und die alten Berufs-Kumpel aus dem Eiskanal. pml.
Das Grab von Wolfhard Hillerkus auf dem Friedhof in Lochhausen.
Rolf Hofmann †
Sportjournalist aus Leidenschaft
(18. Juni 2018) - „Ich trainiere fleißig für ein Leben mit dem Gehstock – und für ein normales Leben“, sagte Rolf Hofmann, im Rollstuhl sitzend, kurz vor seinem 90. Geburtstag am 17. November 2017. Er sagte es wie einer, der nicht gewillt ist, aufzugeben. Doch sein Traum wurde nicht wahr. Rolf Hofmann, zweitältestes Mitglied des Vereins Münchner Sportjournalisten (VMS), starb am 18. Juni, sieben Monate nach dem Geburtstag, in einem Altenheim in Baldham, einem Ortsteil von Vaterstetten bei München.
Der Krieg und die Nachkriegsjahre prägten den ersten Lebensabschnitt von Rolf Hof-mann. Er war noch nicht einmal 18 Jahre alt, als er nach fünf Monaten Gefangenschaft in seine Heimatstadt Coburg zurückkehrte – nach den Stationen Luftwaffenhelfer, Arbeits-dienst, ein Jahr Kriegsmarine. Um einen ordentlichen Schulabschluss zu haben, paukte er sich im Eilverfahren in zwölf Monaten durch den Stoff der verlorenen drei Jahre bis zum Abitur durch.
Seinen Berufswunsch schon aus Kindertagen („Ich will mal zur Zeitung“) hatte er nie auf-gegeben, aber in den Redaktionen waren Ausbildungsplätze für junge Leute rar in diesen harten Zeiten. Nach zweijährigem Warten, das er mit einem juristischen Volontariat in einer Anwaltskanzlei überbrückte, bekam er ein Angebot vom Coburger Tageblatt. Es war der Anfang einer bemerkenswerten Sportjournalistenkarriere. Schon mit 24 Jahren zeichnete er im Impressum als verantwortlicher Sportredakteur.
Seine Schreibe, sein Engagement und seine Art, den Sportteil zu gestalten, fielen auch außerhalb der oberfränkischen Provinz auf. 1963 wechselte er zum Münchner Merkur, wo er zunächst „Fußballchef" und später Ressortleiter war. Er berichtete von sechs Fußball-Weltmeisterschaften (ab 1954 in der Schweiz und zum letzten Mal 1978 in Argentinien), in diesem Zeitraum auch von allen Europameisterschatten sowie von fast allen Länderspielen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Nebenbei betätigte er sich als Ghostwriter für Tschik Cajkovski, der als Trainer den FC Bayern 1965 in die Bundesliga führte und eine Biografie mit dem Titel „Ich mache Mannschaften" herausgab.
Bei den Reisen in Sachen Fußball war meistens ein Münchner Trio unterwegs – neben Rolf Hofmann die schon vor längerer Zeit verstorbenen Kollegen Hans Schiefele (SZ) und Günther Wolfbauer (AZ). „Wir haben bewiesen, dass trotz des harten Konkurrenzkampfes in München eine gute, freundschaftliche Kollegialität möglich war“, sagte Rolf Hofmann ein-mal. Besonders erfreuliche Erinnerungen hatte er auch an die tägliche Arbeit in der Merkur-Sportredaktion, wobei er vor allem an die ebenfalls schon verstorbenen Helmut Stegmann („Mein bester Freund im Kollegenkreis“), Eugen Vorwitt und Hans Wiesner dachte. Abend-füllend konnte er von dieser Zeit erzählen, nicht nur über sportliche Geschehnisse, sondern auch über lustige, abenteuerliche und menschlich bewegende Geschichten am Rande.
1979 wechselte Hofmann zum Bayerischen Landes-Sportverband (BLSV) als Pressechef und Redaktionsleiter des Verbandsorgans Bayernsport. Bereits vorher hatte er als freier Mitarbeiter die Umgestaltung der seit 1946 bestehenden Amtlichen Sport-Mitteilungen zum zeitungsgerechten Bayernsport in die Wege geleitet. Den verantwortungsvollen Posten des BLSV-Hauptgeschäftsführers bekam er 1988 übertragen. Einer der Höhepunkte dieser Tätigkeit war seine Mitarbeit an der Planung der neuen Sportschule in Oberhaching. Rolf Hofmann habe sich „um den Sport und damit um das Gemeinwohl verdient gemacht“, hieß es in der Laudatio, als er 1995 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde.
Auch nach seinem Eintritt in den (Un)Ruhestand blieb er dem Sport und dem Journalis-mus verbunden. Sein größtes Projekt war eine 300 Seiten dicke Chronik der Geschichte des BLSV, die er zum 50-jährigen Bestehen des Verbandes verfasste. Stark beachtet wur-de auch sein zweibändiges Werk „Zeitzeugen der Sportgeschichte“:
Für den Münchner Merkur schrieb er noch einige Jahre Kolumnen. Und bis zuletzt ver-folgte er aufmerksam das Sportgeschehen, wobei ihn nach wie vor der Fußball am meisten interessierte und hier wiederum der FC Bayern und der TSV 1860 im Mittelpunkt standen.
Im hohen Alter blieb Rolf Hofmann von Schicksalsschlägen nicht verschont. Am schlimm-sten traf es
ihn, als seine Frau Ruth, mit der er noch Diamantene Hochzeit feiern durfte, 2016 verstarb. Drei Jahre lang hatte er seine gehbehinderte Frau fürsorglich betreut und dabei, wie er es nannte, seine
„Umschulung zum Hausmann bestanden“. Als Witwer saß er dann in den letzten Monaten selbst im Rollstuhl – nach .zwei Schlaganfällen, von denen der erste noch glimpflich verlief, der zweite aber seine
Mobilität stark einschränkte.
Der 90. Geburtstag wurde im Altenheim gebührend gefeiert, seine drei Söhne mit Familien organisierten einen letzten Ausflug aus dem Heim. Es war ein schöner und ereignisreicher Tag für den
Jubilar, aber auch ein stressiger. Vielleicht war es ein letztes Aufbäumen ge-wesen. In den letzten Wochen schwanden zusehends Kraft und Lebenswille. Am 18. Juni hörte sein Herz auf zu
schlagen.
Gerd Raithel
Die Urnenbeisetzung von Rolf Hofmann findet am Donnerstag, 28.Juni, um 11.30 Uhr in
Vaterstetten, Johann-Sebastian-Bach-Straße statt.
Stehend, v.l.: Reich, Küppers†, Wagner†, Konietzka†, Rebele, Radenkovic, Brunnen-meier†, neben ihn Präsident Adalbert Wetzel†. 1. Reihe, v.l.: Poldi Bauer† (Schuster und Zeugwart), Perusic†, Steiner†, Kohlars†. Luttrop†, Patzke, Heiß, Zeiser†.
Viele Jahre später urteilte Luttrop, der Mittelfeldspieler mit gewaltiger Schusskraft („130 km/h war mein Bestwert. Ich hatte damals aber auch Oberschenkel wie ein Weltmeister“), über seinen Spitznamen: „Die Presse gab mir einen neuen Namen: ,Atom-Otto'. Der wäre heute vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß, aber damals gefiel er mir.“ Luttrop hatte Recht, Hiroshima lag erst 20 Jahre zurück.
Den Namen hatte ich ihm verpasst. Was keiner wusste: Es war ein Plagiat. Ich berichtete damals für die SZ auch über Handball. In Hamburg spielte der Kriminal-Hauptkommissar Otto Maychrzak, achtmal deutscher Meister auf dem Feld und in der Halle mit dem SV Polizei Hamburg, danach beim Hamburger SV; 29 Länderspiele, WM-Zweiter 1954, mit 16 Toren erfolgreichster Werfer des Turniers. Maychrzak wurde wegen seines gewaltigen Wurfs Atom-Otto gerufen. Doch in einer Zeit ohne nennenswerte überregionale Sportbe-
richterstattung in den Medien war das keinem der Münchner Kollegen bekannt.
1860 war im Hinspiel in Turin 0:2 unterlegen, auch wegen eines Eigentors von Otto Lutt-
rop. Damals zählten bei Punkt- und Torgleichstand die auswärts erzielten Treffer nicht doppelt. Es gab weder Verlängerung noch Elfmeterschießen, sondern ein Wiederholungs-
spiel. Das gewann 1860 in Zürich 2:0. Das Finale in London gegen West Ham United ging 0:2 verloren.
Von Westfalia Herne nach München gekommen, gewann Otto Luttrop mit 1860 den DFB-Pokal (1964) und den deutschen Meistertitel (1966). Er spielte 81 Mal in der Bundesliga-
spiele und schoss elf Tore erzielt. In 15 Europacupspielen erzielte er sechs Treffer. 1966 wechselte Luttrop, weil mit Trainer Max Merkel zerstritten, für 80.000 Mark zum FC Lugano, mit dem er ebenso Schweizer Cupsieger wurde (1968) wie mit dem FC Sion (1974), jeweils als Torschütze. Er spielte für den 1. FC Mülheim, FC Luzern, Union Solingen, FC Chiasso, war Spielertrainer in Lugano und Luzern, in Chiasso, beim FC Zug, dem 1. FC Saarbrücken, FC Olten und FC Winterthur (1988-1989)
Otto Luttrop, geboren am 1. März 1939, starb am 22. November 2017 im 78. Lebensjahr in Lugano, knapp zwei Monate nach seinem ehemaligen Münchner Mannschaftskamera-
den Zlatko Perusic, der seine dritte Heimat nach Kroatien und Deutschland im Schweizer St. Gallen gefunden hatte.
(Unterhaching 30.10.2016) - Den Sport mit all seinen Facetten im Bild festhalten, die Dynamik und Anmut gleichermaßen – im vielleicht auch entscheidenden Moment – auf die „Platte“ bannen, das begeisterte ihn zeitlebens. Aber Walter Kaufmann, den Bergfex’ – 488 Gipfel (alle höher als 1800 Meter) von Norwegen bis Korsika hat er in seinem Bergführer beschrieben, die meisten davon auch mit seiner Frau Cläre (gestorben 2013) selbst bestiegen – faszinierte auch die Bergwelt, deren unnachahmlichen Zauber er immer wieder mit seiner Kamera festgehalten hat. Nun hat Walter Kaufmann diese Welt, die er mit seinen buchstäblich bildhaften Eindrücken zeitlebens bereichert hat, für immer ver-
lassen. Der Mitbegründer des Vereins Münchner Sportpresse am 16. Januar 1950, dem Vorläufer des Vereins Münchner Sportjournalisten (VMS), und ehemaliger Schatzmeister starb am 30. Oktober 2016 im
96. Lebensjahr. Die Urnenbeisetzung – Kaufmann war das älteste Mitglied im VMS – findet auf seinen eigenen Wunsch hin im engsten Familienkreis statt.
Nie wieder wird er die bayerischen Berge sehen, die von seinem Balkon in seiner Woh-
nung in Unterhaching zum Greifen nah waren, immer dann, wenn der Föhn den Himmel von den Wolken blank geblasen hatte. Vielleicht findet das Gegenstück seiner ersten Bergschuhe (der andere steht im
Münchner Alpinen Museum) – Kaufmann wurde in Seeshaupt am Starnberger See, also im Voralpenland geboren – den Platz, den er sich dafür erhofft hat. Längst wachsen aus ihm Blumen.
Die Berge, ja die Berge, waren seine Leidenschaft. Das erzählte er auch anlässlich sei-
nes 95. Geburtstags, den er am 20. November 2015 feiern durfte. Und auch damals blickte er ein bisserl neidisch auf die – an seine beruflichen Anfänge erinnernd – sich verändernde Welt der
Fotografie. Wie sagte er doch, die gestochen scharfen digitalen Farbfotos in der Zeitung sehend: „Ich wollte, ich wäre später geboren.“
Aber Walter Kaufmann war auch so ein Großer seiner Zeit. Dabei war die Ausbildung zum Feinmechaniker beim Agfa-Camerawerk in München – während des Zweiten Welt-
kriegs hatte er, zwischen Fronteinsätzen in Polen und Frankreich, zwei Jahre in der Ent-
wicklungsabteilung des Werks gearbeitet – sein Startkapital, als er Weihnachten 1945 aus der französischen Gefangenschaft heimgekehrt war. Er eröffnete in München ein Fotolabor und gründete später mit seinem Schwager eine Pferdesportzeitung. Nach des-
sen plötzlichem Tod an den Folgen einer Kinderlähmung, übernahm der Münchner Mer-
kur die Redaktionsräume.
Danach wurde Walter Kaufmann freier Journalist. Er kaufte einem Fotografen für 300 Mark die Lizenz für die Trabrennbahn in Daglfing ab und berichtete in Bild und Wort über die Traber und die Galopper
in Riem, unter anderen für die Süddeutsche Zeitung, den Münchner Merkur, Rennzeitungen und 35 Jahre lang für die dpa. In Daglfing wurden sei-
ne Zielfotos noch nicht geschätzt, da galt das Augenmaß von „drei würdigen Herren, die als Jury auf der Tribüne standen“, erinnert sich Kaufmann anlässlich seines 95. Geburts-
tags. In Riem schon, dort installierte er am Ziel seine Robot-Kamera.
Bei seinem Abschied von den Rennbahnen war Walter Kaufmann schon 75 Jahre alt. Seine Lizenz als Amateurfahrer hatte er bis zum Schluss, auch wenn er sie selbstver-
ständlich nicht mehr nutzte. Aber er konnte immer stolz darauf sein, dass er 14 Journa-
listenrennen gewonnen hat und 1984 sogar Deutscher Journalistenmeister auf der Trab-
rennbahn in Mönchengladbach gewesen war. Für den heutigen VMS war er ein Gewinn und ein Motor, als er als Nachfolger von Bruno Morawetz in seiner Funktion als Schatz-
meister in der Zeit von 1976 bis 1989 finanziell den Verein Münchner Sportpresse am laufen hielt. Walter Kaufmann bleibt bei uns, seinem VMS, als zäher und nachhaltiger Mitstreiter für unsere Angelegenheiten in bester Erinnerung.
Margit Conrad/Hans Eiberle
(München, 6. November 2016) - Todor Pipev, geboren am 25. Juni 1926 in Sofia, kam auf Umwegen zum Journalismus. Als Flüchtling aus dem kommunistischen Bulgarien, arbeitete der ehemalige Skifahrer Pipev in den Fünfziger Jahren als Skitech-
niker bei der Münchner Firma Sport-Scheck. Später wechselte er in die bulgarischen Abteilung des Senders Freies Europa. Er be-
richtete von großen Sportveranstaltungen, ganz Bulgarien hörte ihn auf der Welle des Senders am Englischen Garten.
Sein damaliger Kollege Mihai Rusu, gebürtiger Rumäne, wie Pipev Mitglied des Vereins Münchner Sportjournalisten (VMS), erinnert sich. „Oft haben habe ich mich mit ihm über die Situation in den beiden Diktaturen Bulgarien und Rumä-
nien unterhalten und viele Gemeinsamkeiten in der Politik aber auch im Sport festgestellt. 1988 wurden Pipev und ich nach Seoul zu den Olympischen Spiele geschickt, wo unsere gegenseitige Sympathie sich in eine Freundschaft gewandelt hat. Als sein „Zimmerge-
nosse“ habe ich von seinen neuesten Nachrichten aus der bulgarischen Mannschaft profitiert.
1995, im Jahr der Umsiedlung des Senders Freies Europa von München nach Prag, ging Todor Pipev in den Ruhestand. Er starb im 91. Lebensjahr am 6. November 2016 in Mün-
chen.
(06. April 2016) - Nicolae Munteanu kuckt nun aus dem ewigen Himmel auf uns herab.
Nicu, wie er genannt und gerufen worden ist, hat das Licht der Welt am 2. Februar 1923 in Campina in der Region Walachei (Rumänien) erblickt. Als Schüler begann er über die Wettbewerbe zwischen den Gymnasien in Bukarest zu schreiben und zu berichten. Ziem-
lich früh wurde klar, dass sich dieser junge Munteanu mal zu einem großen Reporter ent-
wickeln würde.
1946 – im Jahr der großen Schauprozesse der Kommunisten in Rumänien - wurde Mar-
schall Ion Antonescu, Hitlers Verbündeter gegen die Sowjetunion, zum Tode verurteilt; der geheimen Exekution durfte, nach langer Überlegung der Roten Diktatoren, ein ein-
ziger Journalist beiwohnen; das war Nicu.
In der neuen Ära der Rumänischen Arbeiter und Bauerngesellschaft wurde Nicu Mun-
teanu erlaubt, weiterhin sein Hobby als Beruf ausüben – aber stets nur bis zu einer ge-
wissen Grenze. Als er über einen Außenstürmer des Securitate (Rumänische Stasi) Klubs Dinamo Bukarest seine kritische Meinung schrieb, musste er zum Rapport ins Innenministerium und dem berüchtigten Innenminister Alexandru Draghici Rede und Ant-
wort stehen.
Der Innenminister akzeptiert Munteanus Kritik am kickenden Parteigenossen
Normalerweise mehr Antwort als Rede, da es sehr riskant war, zu genau seine Meinung auszudrücken. Nicu jedoch hat offen und ehrlich erklärt, dass dieser Stürmer grotten- schlecht sei und ist nicht von seiner realistischen Einschätzung abgewichen. Der Minister meinte nur „der Stürmer ist schließlich Parteigenosse, deshalb muss er spielen“, akzep-
tierte aber letztendlich Nicus Kritik und der junge Reporter durfte weiter berichten.
Seine Stationen in der schreibenden und sprechenden Presse hatten Ihn stark geprägt, so dass er nach seiner Ausreise aus Rumänien 1960 über Israel in München beim Sen-
der Freies Europa landete.
Von zehn Fußball Weltmeisterschaften (1970-2006) und neun Olympischen Spiele hat Nicu live berichtet, ebenso von unzähligen Europameisterschaften, die letzte 2008 in der Schweiz, und von zahlreichen sportlichen Großereignissen wie Tennis, Leichtathletik-WM bis hin zum Skispringen. 30 Jahre davon übertrug er sie ins kommunistische Rumänien. Wenn um 18:50 Ortszeit die Sportsendung begann, waren alle auf der gleichen Wellen-
länge mit dem Sender Freies Europa, um die Nachrichten und seine Stimme zu hören. Rating ohne Ende!
1988 ging er in Rente und ich hatte das Glück, die Sportredaktion zu übernehmen – mit dem besten Freelancer Nicu Munteanu. Zusammen haben wir die Tradition fortgeführt und großen Spaß menschlich und beruflich gehabt.
Seine Highlights waren Interviews mit Pele, Franz Beckenbauer, Stefan Kovacs, Boris Becker, Günther Bosch, Ion Tiriac und viele andere großen Sportlern/Sportlerinnen aus aller Welt.
"Nicolae Munteanu bedankt sich für eure Aufmerksamkeit"
Nicu war immer gut drauf, hatte stets einen witzigen Spruch parat und liebte seine Fami-
lie über alles. Sein einziger Sohn Alwin war sein ein und alles!
Aber die Jahre bleiben nicht stehen und auch Nicu musste sich nun von uns am 06.04. 2016 verabschieden. Er tat es so wie er gelebt hat: mit Würde und in aller Bescheidenheit. Seine Familie hat den Tod des Seniors mit Stolz getragen und war überrascht, wie viele Leute Nicu auf seinem letzten Weg am 10.04.2016 im Jüdischen Friedhof in München begleitet haben.
Der Blumenkranz des VMS, mit den treffend einfachen Worten „Servus Nicu“, die Anwe-
senheit von FC Bayern Münchens Mediendirektor Markus Hörwick, sowie die persönli-
che Anteilnahme des VMS-Vorsitzenden Thomas Walz, der Nicu seit 40 Jahren kennt, haben einen schönen Eindruck hinterlassen.
Am Mikrofon des Senders Freies Europa hat er so angefangen: „Hier spricht Nicolae Munteanu“! Jetzt wird er seine Lebenssendung so beenden: „Nicoale Munteanu bedankt sich für Eure Aufmerksamkeit“. Michai Rusu
Als das Heer der Sportbeschreiber noch überschaubar war, gehörte Jo Viellvoye zu den herausragenden Kollegen im Land. Welch eine Feder! Mit ihr schmückte sich in den Sechziger Jahren zuerst BILD in Essen und dann die in München erscheinende Sport-
illustrierte. Mit einer kleinen Mannschaft unter Chefredakteur Karl-Heinz Huba machte vor allem der aus der Aachener Gegend stammende Viellvoye das Wochenmagazin zum „Leckerbissen für Sport-Interessierte“, so damals das Handelsblatt.
Als der seit 1934 erscheinende Titel 1972 mal wieder den Verleger wechselte, ging Viell-
voye als Chefreporter mit zu Burda. Die neuen Blattmacher ersetzten jedoch fehlende Kompetenz durch „unbedresste Sportlerinnen“, wie der Spiegel notierte und dabei auch über Viellvoyes spektakulären Abgang berichtete. „Mir ist schlecht geworden“, ließ der selten Harmoniesüchtige seinen Chefredakteur Wilhelm Hellmuth wissen, auch nachdem ein unbedarfter Kollege in einem verschlimmbesserten Artikel über Formel-I-Rennwagen „das Knallen einer Tür“ gehört haben wollte.
Fortan widmete sich der Mann mit dem belgischen Namen der Sport-Literatur, gab WM- und Olympiabücher heraus, auch eines 1966 über seine Liebe Borussia Dortmund und etablierte sich auf dem freien Markt, bis er schließlich 1984 beim Hamburger STERN und später bei SPORTS anheuerte.
Im anbrechenden digitalen Zeitalter wollte er sich nicht zurechtfinden. Ein erster Schlag-
anfall 1996 raubte ihm zudem Schwung und Ehrgeiz. Halbseitig gelähmt verbrachte er, wieder zurück in Ottobrunn bei München, seine letzten Lebensjahre im Rollstuhl, wäh-
rend sich die Welt um ihn immer mehr verdunkelte.
Und so verblassten in ihm auch die Erinnerungen an seine große Zeit als außergewöhn-
lich talentierter Journalist und Blattmacher, dessen Karriere 1954 als gerade Zwanzigjäh-
riger bei einem historischen Ereignis begonnen hatte: Am 4. Juli 1954 auf der Pressetri-
büne des Berner Wankdorf-Stadions mit der „Invitation Personelle“ für den Arbeitsplatz 601. Die Reportage des jungen Volontärs der Aachener Nachrichten entdeckte sein Sohn Markus in der Hinterlassenschaft des Vaters, ein journalistisches Glanzstück und eigent-
lich wert, nach über einem halben Jahrhundert nochmals gedruckt zu werden.
Jo Viellvoye hinterlässt Sohn, Tochter und Enkeltochter sowie viele Mitstreiter aus alten Tagen. Er wurde 81 Jahre alt. Peter Bizer
(18. September 2015) - Das Foto ist unvergessen: Dettmar Cramer, kostümiert als Napoleon, in Feldherrenpose im Münchner Olympiastadion. Eine imposante Erscheinung, da-
bei war Cramer (1,61 m) sieben Zentimeter kleiner als der große Korse. Es war eine Gefälligkeit, Fotografin war Diane Sandmann, die Lebensgefährtin von Franz Beckenbauer, und Cramer 1966 dessen Trauzeuge bei der Hochzeit mit Brigitte Schiller. Damals war Cramer beim Deutschen Fußballbund (DFB) Assistent von Bundestrainer Helmut Schön. Cramer hatte zuvor durchgesetzt, dass der junge Vater Beckenbauer nicht aus der DFB-Jugendmannschaft flog.
1975 und 1976 gewann der FC Bayern mit Dettmar Cramer als Trainer den Europacup der Landesmeister und gegen Cruzeiro Belo Horizonte den Weltpokal.
Zuletzt sah man Dettmar Cramer, der am 4. April seinen 90. Geburtstag gefeiert hatte, in einem Werbespot einer Bank. Er sagte: „Jeder hat etwas, das ihn antreibt.“ Er war selber ein Getriebener des Fußballs.
Der in Dortmund geborene Dettmar Cramer lebte in Reit im Winkl. Dort starb er am 17. September 2015; er wurde 90 Jahre alt.
Nachruf von Hans Eiberle:
http://www.sueddeutsche.de/sport/zum-tod-von-dettmar-cramer-getriebener-des-fussballs-1.2654270
(8. September 2015) - 1969 berichtete das Nach-
richtenmagazin Der Spiegel über den Rücktritt von Willi Weyer als Geschäftsführender Präsident des Deutschen Sportbunds (DSB). Grund: Das Präsi-
dium hatte sich seinen Plänen für eine Struktur-
reform widersetzt. Multipräsident Willi Daume (DSB, Nationales Olympisches Komitee, Olympisches Organisations-Komitee München 1972) versprach, die Krise schnell zu beheben, blieb aber im Amt. Der Spiegel zitierte aus dem Münchner Merkur. „Im höch-
sten DSB-Gremium“, witzelte der Münchner Sport-
journalist Eugen Vorwitt, „summieren sich anschei-
nend viele Nullen zu einer erstaunlichen Größe.“
Eugen Vorwitt, der am 8. September 100 Jahre alt geworden wäre, verfügte über eine kritische Schreibe, einen trockenen Humor und er schreckte auch vor Kalauern nicht zurück, um den Leser bei Laune zu halten. Legendär sind seine Kolumnen „Zum Tage“, in denen sich Plattitüden bisweilen häuften wie „Kinder kauft Kämme, es kommen lausige Zeiten“ oder „alle Gewehre aufs Rathaus“. Unter der Münchner Kollegenschaft hielt sich hartnäckig das Gerücht, Vorwitt würde darüber Buch führen, um sich nicht zu oft zu wiederholen.
Es bestätigte sich, als Eugen Vorwitt am 26. November 1976 in der Sportredaktion des Merkurs während des Sonntagsdiensts den zweiten Herzinfarkt erlitt und auf dem Weg in die Klinik starb. Wolfgang Gärner, damals mit 29 Jahren der Jüngste in der Sportredak-
tion, wurde von den geschockten Kollegen Hans Wiesner und Rolf Hofman beauftragt, in Vorwitts Schreibtisch nach dringend benötigten Versorgungsunterlagen zu suchen. Die fand er nicht, entdeckte aber „ein schwarzes Oktavheft, in dem standen die Sprüche: Kinder kauft Kämme, dahinter das Datum der Veröffentlichung.
Vorwitts Überschriften reimten sich häufig. Berichte von Erfolgen deutscher Radrenn-
fahrer betitelte so: „Kunde in aller Munde“, „Wilde am Berg im Bilde“, "Rudi Altig ganz gewaltig“. Dabei war er nicht konkurrenzlos. Als sich der Torhüter des VfB Stuttgart schwer verletzte, reimte Paul Ludwig im Sportkurier, den es schon lange nicht mehr gibt: „Bögelein brach Wadenbein.“ Ob folgender Reim im Merkur stand ist allerdings nicht verbürgt: „Von der Maas bis an die Memel immer siegreich: Walter Demel.“
Die Leserschaft mochte Eugen Vorwitts Kolumnen, bei seinen Kollegen in der Sportre-
daktion des Merkur waren sie gefürchtet. Denn der Schreiber beförderte per Rohrpost meist absatzweise in die Setzerei, überzog das vorgegebene Maß maßlos, und wenn der Umbruchredakteur glaubte, es sei zu Ende, brachte Vorwitt ein weiteres Manuskript selbst in die Mettage. „Er hielt seinen Bleistift an den schon umbrochenen Text und sagte, ,soviel kommt noch'. Es kam dann das Doppelte“, erinnert sich Wolfgang Gärner. Vorwitt war aber nicht böse, wenn gar nichts mehr ging, sondern sagte, das komme dann halt am nächsten Tag ins Blatt.
Eugen Vorwitt war einer von jenen jungen Männern, die nach sechs Jahren im Krieg 1945, häufig mit einem Notabitur und ohne Berufsausbildung, auf der Suche nach einem Broterwerb im Journalismus landeten. Nicht wenige kamen aus dem Sport. Vorwitt lief im Trikot des Post-Sportvereins 400 m (50,7), sein Vereinskamerad war Ludwig Koppen-
wallner, später Ressortleiter Sport der Süddeutschen Zeitung, deutscher Hochsprung-
meister 1947 und 1948. Der animierte ihn zum Schreiben, so wurde Vorwitt Journalist.
Bevorzugt berichtete Vorwitt über den alpinen Skirennsport und Radrennen. Mit Sigi Renz, dem deutschem Straßenmeister 963, bis 2009 Sportlicher Leiter der Münchner Sechstagerennen, war er befreundet und unternahm mit ihm Trainingsfahrten. Auch noch nach seinem ersten Herzinfarkt, entgegen ärztlichen Rats.
Eugen Vorwitt wurde nur 61 Jahre alt. Den Nachruf am Grab sprach Harry Valérien, auch einer von den Journalisten, die über den Leistungssport zum Beruf gekommen waren.
(20.08.2015) Seine Kommentare „Zum Tage“ fielen gerne auch mal etwas spitz aus. Mit „Setzen, sechs!“ etwa bewertete Franz-Hellmut Urban eine entsprechende Leistung der deutschen Rodlerinnen. Die Benotung ist der mitbetroffenen Betty Demleitner merklich in Erinnerung geblieben. Jahre später erzählte sie noch davon – und lachte den Sportchef des Münchner Merkur dabei an. Denn der hatte es stets verstanden, objektiv zu bleiben, mal zu kritisieren, „seine“ Sportler aber auch ins beste Licht zu rücken, wenn sie Großes vollbracht hatten.
Mit solcher Grundsympathie begleitete Urban als Journalist eine lange Reihe von Sport-
größen durch ihre Karriere. Rodler und Handballer, Tennisspieler und Leichtathleten, vor allem aber auch alpine Skirennläufer. Wie „Gold-Rosi“ Mittermaier, der er, wie vielen, über ihre aktive Zeit hinaus in Freundschaft verbunden blieb. Von unzähligen Weltcup-Veranstaltungen hat Urban berichtet, das „Criterium des ersten Schnees“ in Val D’Isere war für ihn jede Saison Ausgangspunkt eines Wintermarathons durch die Alpen.
1968 heuerte der Schwabacher als 21-Jähriger in der Sportredaktion des Münchner Merkur an. Mit den Spielen in München startete er 1972 eine ausgedehnte olympische Reporterkarriere. 1977 stieg Urban zum Co-Ressortleiter auf, ab 1979 war er für den Sportteil im Münchner Merkur alleine verantwortlich, fünf Jahre später wechselte er als Sportchef zur Münchner AZ.
Auch im Ruhestand wollte Franz-Hellmut Urban sein journalistisches Handwerk, in dem er es früh zum Meister gebracht hatten, zunächst weiter pflegen. Für den Merkur ver-
fasste er noch ein paar Jahre regelmäßig eine Seite mit dem Titel „Golf in Bayern“. Solange es seine Gesundheit zuließ.
Am 20. August ist Franz-Hellmut Urban in Kreuth gestorben. Mit 68 ging eine große Sportjournalisten-Karriere zu Ende. Viel zu früh, ist man geneigt zu kommentieren. hl
(12. Juni 2015) – Kolleginnen und Kollegen, Prominente, Freunde, sein Frau und die Ange- hörigen der Familie nahmen am Freitagvormittag in der Allerheiligen Hofkirche Abschied von Paul Sahner. Der langjährige Chefreporter des Magazins „Bunte“ starb am Sonntag in seinem Haus in Lanzing am Chiemsee an einem Herzinfarkt. Am 21. Juni wäre der in Bockum-Hövel, einem Stadtteil von Hamm in Westfalen, geborene Journalist 71 Jahre alt geworden. Deutschlands bekanntester Klatschreporter hatte sich im Herbst aus der Redaktion der Bunten zurückgezogen, war dem Blatt aber als Autor verbunden geblieben. Im März hatte Sahner sein neuestes Buch vorgestellt, eine Hommage an den verstorbenen Sänger Udo Jürgens. Für den Oktober hatte Sahner seine Autobiografie angekündigt, Titel „Ich kriege sie alle!“
Paul Sahner war Mitglied der Jury des Helmut-Stegmann-Nachwuchs-Förderpreises für regionale und lokale Sportberichterstattung. Im März 2015 hatte er an der Preisverlei-
hung teilgenommen.
Vom Verein Münchner Sportjournalisten bei der Trauerfeier gesehen: Thomas Walz, 1. Vorsitzender, und sein Amtsvorgänger Hans Eiberle, Klaus Hoeltzenbein, Ressortleiter Sport der Süddeutschen Zeitung, Wolfgang Uhrig, Mitglied der Förderpreis-Jury, Eckard
Gmeiner, Conny Konzack.
(01.03.2015) Bei Homer steht zu lesen, dass der Mensch unter allen Lebewesen am meisten leidet, weil er sich als Einziger des unausweichlichen Todes bewusst sei. Ein Gedanke, den Ulrich Kaiser beschäftigt haben könnte, unseren großen Kollegen. Wer ihn zuletzt hatte beobachten können bei Spielen des FC Bayern in der Münchner Allianz-Arena, der bemerkte um ihn eine Aura von Resignation und Traurigkeit.
Was doch eigentlich so überhaupt nicht zu seinen Geschichten passte. Wenn man zum Beispiel diese Episoden über den Golf-
sport liest. Oder Tennis, dieser ersten Liebe - das ist pure Lesefreude, skurril, nur noch amüsant! Und, ja auch das: selten ohne Zynismus. Aus letzter Zeit ist mir in Erinnerung ein Satz zum komische Verhalten eines Zeitgenossen, wozu er mit verächtlichem Blick nur trocken sagt: „In dessen Logik kann ich das durchaus verstehen.“
Kaiser schrieb zum Schmunzeln, er hatte Spaß am Formulieren, manchmal mit Spott - aber immer mit einem Augenzwinkern. Da war er ein Bruder im Geiste von Dieter Hilde-
brandt, dem großen Kabarettisten, beide übrigens aus Ostpreußen stammend. "Uli", wie ihn nur wenige anreden durften, die er besser kannte, schrieb ja auch Texte für Hilde-
brandts Münchner Lach- und Schießgesellschaft.
Und weniger bekannt ist wohl sein Wirken als Filmemacher. In Wettbewerben des Ver-
bandes Deutscher Sportjournalisten (VDS) gewann er 1986 den „Fernsehpreis des VDS“ mit einer Produktion für das ZDF, zuvor holte sich Kaiser Preise ab für Texte in VDS-
Artikelwettbewerben 1971, 1976 und 1981. Zweifach für einen Mann - das gab´s bis heute noch nie im VDS.
Alle Auszeichnungen fielen in die Zeit als freier Journalist. Zuvor hatte er sich einen Namen gemacht beim Sport-Informations-Dienst (SID), damals noch mit der Zentrale in Düsseldorf. Mit 25 war er 1959 aus Heidenheim in das Pressehaus am Martin-Luther-
Platz gekommen. Unter ein Dach mit späteren Koryphäen wie Helmut Markwort, Dieter Kürten, Hans Wilhelm Gäb (alle beim Mittag/Spätausgabe). Und neben etablierten SID-Pionieren wie Werner Schneider, Karl-Adolf Scherer oder Heinz Vogel - er daneben als junger blonder Mann. Ein noch unbeschriebenes Blatt, aber bei seinen Geschichten konnte man schon sehen, wie das Papier leuchtete ...
Vierzehn Jahre danach, beim Ausscheiden 1973 mit 39 Jahren als Stellvertreter von Gründer und Chefredakteurs Alfons Gerz, hatte Ulrich Kaiser ein Stück Geschichte des SID mitgeschrieben. Im Rückblick war Kaiser für die Agentur als Organisator verant-
wortlich für Vorberichterstattung und Logistik bei mehreren Olympischen Spielen von Tokio 1964 bis 1972 München, wo er im Büro des Olympiaturms gemeinsam mit dem Chronisten ab 1969 den SID vertrat. Als Reporter berichtete er von sieben Fußball-Weltmeisterschaften und acht Olympischen Spielen.
Und hatte sich dabei nebenbei einen Namen gemacht als so genannter „Tennis-Papst“, ununterbrochen 44 Jahre verlebte U.K. in U.K die Sommermonate. In seinem unver-
kennbaren launischen Stil beschrieb er aus London Slice und Service, mit besonderer Hingabe Royals und Roben, Hüte und andere eher nebensächliche Highlights.
Auch als Freier widmete sich Kaiser vernehmlich seiner Neigung Tennis und später dem Golf. Er wurde Chefredakteur der „Tennis Revue“ und beim „Golf Journal“, schrieb Bücher wie „Tausend miese Tennis-Tricks“ oder „Es ist nicht alles Golf, was glänzt“. Wunderbare Lesekost, „mit Humor, den man dem Autor auf den ersten Blick bis heute selten ansieht“. So sein Freund und Wegbegleiter Peter Bizer im Porträt zum 80.Geburts-
tag im „sportjournalist“. Das war im August, vor einem halben Jahr, als wir in einer fröhlichen Runde noch nicht daran dachten …
Und heute, nur ein paar Monate später, gilt das Mitgefühl seiner Frau (die Kaiser als oft präsente „Ingeborg K.“ in Kolumnen bekannt machte), Sohn Christian (evangelischer Pfarrer) und Tochter Katrin (Journalistin und Schriftstellerin). Ich habe mit ihm einen Freund verloren, einen Mentor und Maßstab - ersetzen kann man ihn mir nicht.
Nach einem nur kurzen, unheilbaren Leiden verstarb „Uli“ am Mittag des 1.März in seinem Haus im oberbayerischen Gröbenzell. Er fehlt - nicht nur neben mir. Immer am Samstag, Platz 3, Reihe 22, Block 106, bei Heimspielen des FC Bayern in der Allianz-Arena. Wolfgang Uhrig
Der Verein Münchner Sportjournalisten (VMS) trauert um sein Gründungs-
mitglied Karl Eisgruber. Er wusste er, dass er sehr krank war, aber er blickte optimistisch in die Zukunft. Und war mit sich und der Welt im Reinen. Wie immer es ausgehe, sagte er, es sei ein schönes Leben gewesen. Es endete am Abend des 21. Januar 2015, er ist friedlich und ruhig eingeschlafen.
21 Jahre und fünf Tage alt war Karl Eisgruber, als der VMS 1950 gegründet wurde; so jung wurde nie wieder ein Journalist Mitglied. Allein das wäre schon Grund genug für einen Platz in der Vereinsgeschichte. Und auch, dass der Jurastudent Eisgruber seinem Spezi Werner Göhner, dem nachmaligen Chef der Olympiapark GmbH und Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer, beim Abfassen der Satzung helfen durfte.
Karl Eisgruber aber wird beim VMS nicht zuletzt in Erinnerung bleiben, weil er 1972 der Fußballmannschaft des Journalistenvereins die Erlaubnis zum Eröffnungsspiel im Olympiastadion gegeben hat: An einem Samstagmorgen gegen die Schwabinger Knei-
penmannschaft Säge, ohne Zuschauer, Reden und Feuerwerk, ein paar Wochen vor dem Länderspiel der bundesdeutschen Auswahl gegen die UdSSR. Der Aufwärmplatz hinter dem Stadion war schon besetzt, da sprach Eisgruber, der stellvertretende Chef der Münchner Olympiagesellschaft: „Dann spuilts halt im Stadion.“ Es musste aber geheim bleiben, und das blieb es Jahrzehnte lang.
Während seines Jurastudiums hatte Eisgruber für die Sportredaktion der Süddeutschen Zeitung, den Kicker und die amerikanische Nachrichtenredaktion AP gearbeitet, für die er 1955 täglich von der Ringer-WM in Karlsruhe berichtete. Nach dem Studium wurde er 1968 Leiter des Olympia-Amts der Stadt München. 1972 wechselte er zur Münchner Olympiagesellschaft, die 1973 in Münchner Olympiapark GmbH umbenannt wurde. Schon 1972 zitierte der Spiegel Eisgruber so: „Unsere Sorge ist, dass auf dem Oberwie-
senfeld nicht olympische Ruinen entstehen." Der erinnert sich an „ verrückte Ideen“ der Nachnutzung, beispielsweise mit einem japanischen Frauentheater, das er in Japan gesehen hatte. Das hätte aber 1,5 Millionen Mark gekostet, die hatten sie nicht. Die große Zeit der Beatles war zwar vorbei, aber die Rolling Stones traten zweimal im Olympiastadion auf.
Karl Eisgruber hatte einen guten Draht zu den Journalisten, was aber nicht hieß, dass er eine sprudelnde Informationsquelle war. Als Fußballer nach Spielen im Olympiastadion über Schürfwunden zu klagen begannen, mussten die Reporter den Grund schon selber herausfinden. Der immer wieder auf den Rasen gestreute Sand war grün eingefärbt und von der Tribüne aus nicht zu erkennen.
Jahrelang hatte Karl Eisgruber geholfen, die Olympischen Spiele vorzubereiten. Gese-
hen hat er aber nur die Eröffnungsfeier. Eisgruber hatte sich bei den Winterspielen in Sapporo mit einem Virus infiziert; die Folge war ein Loch im linken Lungenflügel, er lag elf Wochen im Krankenhaus.
Als Prokurist war Karl Eisgruber Stellvertreter von Werner Göhner († 2008). 1991 verab-
schiedete er sich in den Ruhestand, sein Freund und Chef folgte ihm 1993. Danach blieb noch mehr Zeit für Kreuzfahrtreisen mit seiner Frau Anneliese, mit der er 60 Jahre lang verheiratet war.
Karl Eisgruber blieb dem VMS ein Leben lang verbunden. Er wird als liebenswerter, ver-
lässlicher Freund in Erinnerung bleiben. Hans Eiberle
"Wenn Murks zum Verkaufsprogramm wird. Produzieren für die Mülltonne? Bislang hielt man das für einen Mythos. Doch Produkte mit absichtlich eingebauten Schwachstellen sind allgegenwärtig. Aktivisten machen dagegen mobil. Der Autor Ferdinand Knauß nennt Roß und Reiter. Danke!Quelle: WirtschaftsWoche Online.“
Das war, am 26. November 2014, der letzte Eintrag von Egon Stengl auf seinem Online-Portal infocomma.net. Am nächsten Morgen lag er tot im Bett seiner Münchner Wohnung; er wurde 78 Jahre alt.
Nichts hatte auf einen plötzlichen Tod hingedeutet. Egon Stengl hatte sich von einem Schlaganfall vor zwei Jahren gut erholt, geblieben war nur eine leichte Gehbehinderung. Auch der Herzinfarkt in diesem Herbst schien ohne Folgen geblieben zu sein, Stengl war aus der Reha nach Hause zurückgekehrt.
Der gebürtige Nürnberger hatte in seiner Heimatstadt Schriftsetzer gelernt und sich als freier Mitarbeiter bei Tageszeitungen versucht. Ab 1959 besuchte er in München die Akademie für das Grafische Gewerbe, arbeitete danach sieben Jahre lang bei der Firma Siemens. 1968 wechselte er als Pressereferent zur Olympia Baugesellschaft. Deren Geschäftsführer Werner Göhner, später in gleicher Position bei der Münchner Olympia-
park GmbH, die für das Olympiastadion zuständig ist, war 1969 Stengls Bürge bei der Aufnahme in den Verein Münchner Sportjournalisten (VMS), dessen Gründungsmitglied Göhner war.
Nach seiner Tätigkeit für Werben & Verkaufen sowie als Pressechef des Verbands Deut-
scher Sportfachhandel machte Stengl sich 1978 mit eigenem Pressebüro selbstständig. Seit 1993 war er Herausgeber der Online-Magzine infocomma.net, pressegolf.de und golfzeitung.net. sowie sportjournalisteninbayern.de, der gemeinsamen Internetplattform der drei bayerischen Regionalvereine des Verbands Deutscher Sportjournalisten (VDS).
Während seiner 45 Jahre Mitgliedschaft im VMS war Stengl in verschiedenen Ämtern für den Verein tätig, so als Geschäftsführer sowie Internetbeauftragter. Lange vor dem Dach-
verband VDS entwickelte er für den VMS eine Datenbank für die Mitgliederverwaltung. Auch im VDS engagierte er sich. 1984 stellte er das Verbandsmagazin vom DIN-A-5-For-
mat auf DIN-A-4 um und gab ihm ein neues Gesicht. Er war Präsident des 1990 gegrün-
deten Presse Golf Clubs.
Wie zahlreiche Kollegen seines Alters, war Stengl über den Leistungssport zum Sport-
journalismus gekommen. Mit dem TSV München von 1860 wurde er deutscher Leicht-
athletik-Mannschaftsmeister, der Stabhochspringer war zwischen 1959 und 1965 dreimal bayerischer Meister (Bestleistung 4,31 m).
Als DER SPIEGEL in seiner Ausgabe 29/1972 über Stengls spektakulären Sturz aus vier Metern Höhe in den Einstichkasten der Stabhochanlage auf dem von einer deutschen Firma produzierten neuen Kunststoffbelag im Olympiastadion berichtete, flammte die Diskussion darüber wieder auf, ob das amerikanische Produkt Tartan nicht besser geeignet gewesen wäre. Egon Stengl, Pressereferent der Olympia-Baugesellschaft, der mit einer Gehirnerschütterung zwei Wochen im Krankenhaus lag, beeilte sich damals mit der Feststellung, beide Produkte seien bei Regen rutschig. Es blieb beim Rekortan.
Harro Esmarch, Mitglied des Vereins Münchner Sportjournalisten seit 1990, ist am 13. März 2014 im Alter von 84 Jahren in Oberhof gestorben. Der gebürtige Hamburger, dessen Vater Kurt Ernst Gustav als Erfinder des „Hamburger Hafenkonzerts“ gilt, lernte 1967 als Berichterstatter vom Roßfeld-Bergrennen seine spätere Frau kennen, die beim Berchtesgadener Anzeiger arbeitete. Dessen Redaktionsleiter wurde Harro Esmarch 1974 und blieb es bis 1995. Nebenbei war Pressesprecher des Rennrodel-Weltverbands (FIL).
Nach dem Tod seiner Frau heiratet Harry Esmarch 2005 in Berchtesgaden die Rodel-Olympiasiegerin von 1976, Margit Schumann. Standesbeamter war der zweimalige Rodel-Weltmeister und FIL-Präsident Josef Fendt.
Harro Esmarch zog im Alter von 73 Jahren in die Heimat seiner zweiten Ehefrau nach Oberhof. Er machte sich um den Aufbau der Thüringer Wintersportausstellung verdient. Danach war er Mitorganisator von Automobil- und Motorradausstellungen.
Von einem Schlaganfall im Jahr 2009 erholte sich Harro Esmarch nie mehr vollständig. Dazu kam eine Krebserkrankung, der er erlag.
Bei der nordischen Ski-WM 1982 in Oslo versuchte Heinz Krecek auftragsgemäß, die Werbelogos auf der Ausrüstung der Teilnehmer zu überkleben. Hans Eiberle hat darüber berichtet.
Anfangs hatte Sawjalow geführt, dann der finnische Feuerwehrmann Autio. Wassberg war über die Ränge fünf und zwei vorgerückt, bei Kilometer 38 schon 10,8 Sekunden voraus und vergrößerte seinen Vorsprung. Taktik sei dies nicht gewesen, versicherte Wassberg und schaute finster drein. „Ich bin zu aggressive losgelaufen“, sagte er. Auf Touren gebracht hat ihn, wieder einmal, Heinz Krecek, der als Fis-Beauftragter über die Einhaltung der Werbebestimmungen wacht.
Nachdem der Schwede wegen Kreceks Klebeaktion elf Sekunden zu spät zu den 30 km gestartet war, wehrte er diesmal den einen Kopf kleineren Kontrolleur handgreiflich ab, als dieser ein Firmenlogo auf dem Handschuh unkenntlich machen wollte. „Der hat zu mir gesagt, 'geh' nach Hause und grab' eigenes Grab',“ klagte Krecek. Ein klarer Fall von Disqualifikation, sollte man meinen. Weit gefehlt. Tags zuvor hatten die Mannschafts-
führer in ihrer Besprechung reglementswidrig ihre Zustimmung erteilt, so dass dem Athleten daraus kein Strick gedreht werden konnte.
„Jetzt kann ich mich bei den Alpinen nicht mehr sehen lassen“, befürchtet Krecek. Bei der WM in Schladming hatte er wegen eben dieses Verstoßes je eine Polin, eine Jugos-
lawin und eine Fahrerin aus der UdSSR disqualifizieren lassen. „Die san im Schnee gsessen und hom gwoant.“ Wassberg dagegen wurde auf Schultern davongetragen. Und was mit der schriftlichen Rüge für den schwedischen Verband geschieht, die Krecek beantragte, machte dieser mit einer Handbewegung deutlich, indem er hinter sich griff.
Irene Theo Waigel, Bundesfinanzminister a.D., trugen sich ins Kondolenzbuch ein. Unter ihrem Mädchennamen Irene Epple war Frau Waigel 1980 olympische Silbermadaillengewinnerin im Riesenslalom. Links: Klaus Angermann, früher ZDF-Sportreporter.
Bruno Moravetz ist tot. Der ehemalige ZDF-Reporter und Moderator des Aktuellen Sportstudios starb am 31.12.2013 in einem Seniorenheim in Kempten. Er wurde 92 Jahre alt.
Seine Enkelin Stefanie Kneer, die Tochter des SZ-Redakteur Christof Kneer, hatte zum 90. Geburtstag mit einer Zeitung: „Moras Allgemeine“ gratuliert. Freunde, Kollegen, langjährige Wegbegleiter aus aller Welt waren darin aufgerufen, sich mit kleinen Geschichten und Fotos über "Mora" daran zu beteiligen. Es entstand eine kleine „Bibel des Nordischen Skisports“.
„Mora“ war mehr als nur das legendäre „Wo ist Behle?“ bei der unvergessenen Repor-
tage von den Olympischen Winterspielen 1980, als sich ein junger Sauerländer an-
schickte, die Skilanglaufwelt auf den Kopf zu stellen und der Reporter Bruno Moravetz
über die amerikanischen Regisseure und über alles um ihn herum in Rage geriet, weil der Name des Willingers Jochen Behle bei seinem überraschenden Sturmlauf zwar als zunächst Dritter auf der Anzeigetafel aufleuchtete, Behle aber während der gesamten Liveübertragung nur einmal kurz im Bild zu sehen war.
Am Tag danach schwappte eine Welle aus Deutschland über ihn und Jochen Behle hinweg. Es war Rosenmontag am Rhein und das „Wo ist Behle?“ zum Renner geworden. Das Duo Moravetz/Behle gewann Preise und Auszeichnungen und ging gemeinsam auf Tournee.
Die drei Worte bekamen „Mora“ und der später zum Bundestrainer avancierte Behle immer wieder zu hören. Doch Bruno Moravetz auf dieses Zitat reduzieren zu wollen, wäre fatal. Er hatte viele andere Stärken: das geschliffene Wort in Schrift (FAZ) und am Mikrofon (ZDF), die Liebe zu den Bergen, den Fecht-Motocross- oder Kanusport nicht zu vergessen.
„Mora“ war auch nach der Pensionierung 1987 einer der aufmerksamen und kritischen Begleiter der Skiübertragungen in ARD und ZDF, der auf seine alten Tage nicht mit Lob oder Kritik gespart hat. Er war Freund und Helfer, konnte aber auch völlig ausrasten, wenn einer etwa den Skispringer „Buwi“ Bradl oder andere legendäre Skikönige voreilig und ohne entsprechenden Hintergrund kritisierte oder gar in Frage stellen wollte. So etwas nannte er Majestätsbeleidigung.
Zusammen mit seinen Kollegen Werner Kirchhofer (Freiburg) und Willy Ahstl (Wien) hatte er an einem verregneten Wettkampftag am Holmenkollen in Oslo das „Forum Nordicum“ erfunden, eine Einrichtung, die seit 1980 Jahr für Jahr die nordischen Fachjournalisten mit Sportlern, Trainern, Funktionären, Sponsoren und Veranstaltern zur Einstimmung auf den Winter im Oktober an einen Tisch bringt. Noch immer, zuletzt in Slowenien. Moravetz hat die beiden Mitbegründer des Forums um viele Jahre überlebt.
Mit Gerd Mehl, Erwin Dittberner, Peter Müller oder Ralf Kokoschka konnte Moravetz im Trettach-Stüberl oder bei Fischers im Keller in Oberstdorf, im Berg-Cafe in Nesselwang, an der Flugschanze in Planica oder am Holmenkollen in Oslo herzhaft lachen, wenn der fiktive norwegische Schneeforscher Prof. Arne Leybusch angeblich wieder einmal etwas erfunden hatte.
„Mora“ war ein wandelndes Lexikon nicht im nordischer Skisport. Er entwickelte daheim in Nesselwang am Computer mit einem Sponsor das erste „Who is who?“ mit den Daten und Fakten der Sportlerinnen und Sportler.
Bruno Moravetz engagierte sich auch berufsständisch. In den Siebziger Jahren war er, als Nachfolger von Robert E. Lembke ("Was bin ich?"), Schatzmeister des Vereins Münchner Sportjounalisten. Er war Ehrenmitglied des Verbands Deutscher Sportjour-
nalisten (VDS).
Ein Seniorenheim in Kempten war seine letzte Station. "Mora" war stolz, dass seine Tochter Christiane und auch die Enkelin in seine journalistischen Fußstapfen getreten waren - und dass zu seinem 90. Geburtstag neben vielen Skifreunden auch der damalige DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach zum Gratulieren gekommen war, den er seit dessen Zeiten als Fechter kannte. Auch der Autor bekennt stolz zu sein, dass er von "Mora" lernen und das Duo Moravetz/ Behle einige Zeit begleiten durfte. Werner Rabe
Helmut Stegmann, VMS-Vorsitzender von 1971-1989, wäre am 20. Juni 2018 80 Jahre alt geworden. Er ist am 29. März 1997 in seinem Elternhaus in Seeshaupt am Starnberger See gestorben. Ihm zum Gedenken verleiht der Verein Münchner Sportjournalisten (VDS) seit 2001 den Helmut-Stegmann-Nachwuchs-Förderpreis für regionale und lokale Sport-
berichterstattung, 2013 zum 12. Mal.
Im Jubiläumsheft 60 Jahr VMS steht:
Im Olympiastadion war es oft lausig kalt - nicht nur im Winter. Aber Helmut Stegmann hatte im Herbgst 1996 die Mütze nicht bis über die Ohren heruntergezogen, weil ihn fror, sondern um die große Narbe an der Schläfe zu verdecken. Dort war ihm ein Tumor entfernt worden.
Helmut Stegmann hat den Verein Münchner Sportjournalisten von 1971 bis 1989 geführt. Obwohl in die Chefredaktion der tz aufgestiegen, blieb er dem Sportjournalismus verbun-
den, in dem er sieben Jahre lang beim Münchner Merkur und anschließend bis 1973 bei der tz tätig gewesen war. Beim V'MS kümmerte er sich, als Vorsitzender der Unterstütz-
ungseinrichtung, bis zu seiner Erkankung um die Senioren und den Damenkreis, dem die Witwen der verstorbenen Kollegen anhören.
1961 war Stegmann Mitglied er ersten Lehrredaktion der Deutschen Journalistenschule (DJS). Dort gab er später 25 Jahre lang seine Erfahrungen an den Nachwuchs weiter. In seinem Testament bedachte Helmut Stegmann die DJS und den VMS. Seine Familie stiftete einen Preis, der VMS ebenfalls.
Nicht nur von Statur (2,01 m) besaß Helmut Stegmann Größe. Er liebte die Menschen und seinen Beruf, war lebensfroh, kultiviert, bedingslos verlässlich, fair und herzlich.
(25. Oktober 2012) - „Der Tod ist eine optische Täuschung“ Das Zitat von Albert Einstein steht über der Todesanzeige für Harry Valérien. Es ist deshalb, als sei er noch präsent in der Basilika; er lächelt vom Foto, als grüße er die Trauergemeinde. Die evangelische Trauerfeier in der Basilika des Klosters Benedikbeuern hält Pfarrer Stefan Donderer; be-
dankt sich für die Gastfeundschaft. Gelebte Ökumene, dem Harry hätte das gefallen.
Tanja, die Tochter spricht davon, wie ihr Vater, der große Moderator, Rat und Halt bei der Familie suchte. „An jedem Samstag, an dem er am Abend das Sportstudio moderieren sollte, hat er sich am Vormittag in unserem Haus in sein Zimmer zurückgezogen und wir mussten alle zuhause bleiben. Das hat er einfach gebraucht. Zum Mittagessen kam er runter und hat gefragt, ,was wollt ihr von den Studiogästen wissen'?“
Fritz von Thurn und Taxis, Kommentator bei Sky, journalistischer Weggefährte und Freund, über Harry Valérien: „Er war neugierig, er wollte alles wissen.“ Am Ende aber war er müde. „Bei meinem letzten Besuch hatte ich das Gefühl: er ist zu allem bereit.“
Der Schweizer Filmproduzent und dreimalige Oskar-Preisträger Arthur Cohn, einst Valéri-
ens Gast im ZDF-Studio, sagte: „Er blieb sich selbst immer treu.“ Ski-Olympiasieger Mar-
kus Wasmeier, in braunen Loden gekleidet, berichtete über die letzten Stunden mit Harry: „Wir haben einen schönen Abend gehabt, er ist lachend ins Auto gestiegen und hat seine große Reise angetreten.“
Der Liedermacher und Kabarettist Willy Astor spielt auf der Gitarre. Unter den Klängen ei
nes Saxofons wird der Sarg aus der Basilika getragen. Randi, die Witwe, folgt ihm in Rosa und Weiß.
Unter den Trauergästen: Verleger Hubert Burda, Focus-Herausgeber Helmut Markwort,
Präsident Uli Hoeneß, Franz Beckenbauer, Karl-Heinz Rummenigge und Paul Breitner vom FC Bayern, die Olympiasieger Markus Wasmeier, Armin Hary, Klaus Wolfermann, Karl Schranz und Rosi Mittermeier; Christian Neureuther, Willy Bogner, Christa Kinshofer-Rembeck; die Journalisten Dieter Kürten, Klaus Angermann, Gerd Rubenbauer, Hermann Mager. Vom Verein Münchner Sportjournalisten: Die Vorstandsmitglieder Hans Eiberle, Thomas und Joachim Walz sowie Franz Muxeneder, Herbert Jung, Wolfgang Weingärtner und Klaus Hoeltzenbein (SZ-Sportchef).
Harry Valérien war Gründungsmitglied des Vereins Münchner Sportjournalisten (VMS). Über Jahrzehnte hat er den Sportjournalismus im deutschen Fernsehen geprägt. Angefangen hat der Sohn eines Münchner Pressefotografen, nach Absolvierung einer Münchner Journalistenschule, 1946 beim Münchner Merkur. Er wechselte zum Bayeri-
schen Rundfunk und 1962 zum Zweiten Deutschen Fernsehen. Dort moderierte er nicht nur das Sportstudio, sondern auch die ZDF-Talkshow Live mit Amelie Fried, das Ver-
kehrsmagazin Telemotor und war Interviewer der Sonntagsgespräche.
ZDF-Sportchef wollte Harry Valérien nicht sein; 1983 lehnte er ein Angebot ab, wollte Reporter bleiben statt Verwaltungsmensch zu sein. Als Reporter berichtete Valérien von 1952 bis 1996 von Olympischen Sommer- und Winterspielen (ausgenommen 1956). Nach seinem Abschied vom ZDF war war er für Sat 1 tätig und kommentierte, zusammen mit Franz Beckenbauer, für Premiere Golfturniere aus aller Welt.
Seine Spezialgebiete waren der alpine Skisport und Schwimmen; er war einst Wasser-
baller und schwamm regelmäßig bis zu seinem 85. Lebensjahr.
Zahlreich sind die Auszeichnungen, die Harry Valérien erhielt: 2002 den Bayerischen Sportpreis in der Kategorie „herausragende Präsentation“, Goldene Kamera (1965, 1976, 1988), Goldener Bambi (1972, 1979, 1990), Goldener Gong (1981), Telestar (1988), Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten (2004), Herbert-Award 2009.