Verein Münchner Sportjournalisten
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Laudatio 2016

Anmerkungen zum Stegmann-Preis

                                                 VON WOLFGANG UHRIG

Ich bin als Mitglied der Jury gebeten worden um eine Bilanz zum Helmut Stegmann-För-

derpreis 2016, der Auszeichnung für lokale und regionale Sportberichterstattung, die seit 2002 zum 15. Male vergeben wurde, in Erinnerung Helmut Stegmann.

Er war Chefredakteur und Sportchef der Münchner Tageszeitung tz und 18 Jahre lang 1. Vorsitzender des Vereins Münchner Sportjournalisten. Eigentlich sollte das Christian Eichler machen, unser Kollege von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er ist aber ge- rade in Ferien. Eichler hat sein Urteil beim Jury-Vorsitzenden Hans Eiberle hinterlassen, im Verein Münchner Sportjournalisten der Gründer und in der Folge sozusagen „Abtei-
lungsleiter Stegmann-Preis“.

Christian Eichler, in der Jury nachgerückt für den verstorbenen Paul Sahner, ist der Mei-

nung, die Qualität der Texte sei nur so lala. Und Jury-Mitglied Michael Gernandt sagt, es sei „sprachlich vieles ohne Höhepunkt“. Das Ranking habe ihm „ziemliche Bauch-

schmerzen bereitet“.

Dagegen sind für den Juror Ronny Reng „9 der 16 Texte preiswürdig“. Im letzten Jahr hatten bei ihm gerade mal 4 von 15 Manuskripten Erwähnung verdient. Heute sagt Reng, „auf den schlechtesten Jahrgang folgt der Beste“.

So weit also das erste, sehr unterschiedliche Gesamtfazit. Auch ich finde 2016 besser als 2015. Im letzten Jahr waren zum Beispiel zwei Interviews zu einem beliebigen Fußball-

spiel im Wettbewerb – handwerklich sauber, aber doch nur das im Alltag übliche. Diesmal ist das Themenspektrum außergewöhnlicher, manches originell, unterm Strich ein Kessel Buntes.

Schicksale, Menschen

Anna Dreher, die als Vierte um nur einen Punkt Platz drei verfehlt, berichtet in der ZEIT über das in Deutschland einmalige Kuriosum eines Mannes unter lauter Frauen im Syn-

chronschwimmen. Daniel Siebenweiber schreibt in der SZ zum Abenteuer einer Frau, die als Extremsportlerin im Winter 700 Kilometer durch das eiskalte Kanada rennt. Und Fa-

bian Swidrak trifft auf einem kleinen See nahe München einen 73 Jahre alten Vietnam-Veteran, der auf seine alten Tage im WM-Team der Amerikaner das Nationaltrikot trägt als Eisstockschütze.

Am meisten im Themen-Angebot ist die Integration von Flüchtlingen durch Sport, insge-

samt viermal. Schicksale, Menschliches - das ist immer gut zu lesen. Wie die ans Herz gehende Geschichte vom Fußballprofi Fernando Ernesto, der am Ende eines bitteren Wegs im Nirgendwo der unteren Klassen landet.

Oder das leise Ende der Löwen-Legende Benny Lauth. Lesenswert auch die Dokumen-

tation zu einem wieder einmal kuriosen Tag beim TSV 1860 München, diesem „Kasperl-

verein“, wie ihn Sebastian Fischer nennt. Fischer, Vorjahresdritter und nun Sechster - ist übrigens der Sohn des VDS-Vize Dr. Christoph Fischer, dem Kollegen aus der Chefre-

daktion im Reutlinger Generalanzeiger. Thematisch wie eine Boulette - alles drin! Als Sportchef der tz hätte Preisstifter Stegmann an diesem vollen Programm wohl seine

Freude gehabt.

Ein bewegendes Stück

In unserer Wundertüte mit 16 Texten wird Johannes Kirchmeier Dritter. Er berichtet in der Süddeutschen Zeitung unter der Überschrift „Spiel des Lebens“ wie minderjährigen, all-

ein dastehenden Jugendlichen der Fußball hilft, ihre traumatischen Erlebnisse als Flücht-

linge zu verarbeiten. Mit Emphatie und Akribie wird hier René Gomis beschrieben, der als Trainer die Mannschaft „FC Bayern Kaserne“ schuf, die in Spielen gegen Münchner Theken- und Freizeitmannschaften zwar oft in Zahlen hoch verliert, aber doch wieder Lebensfreude für die Seele gewinnt.

Der Verein als neue Heimat - diese von Johannes Kirchmeier einfühlsam geschriebene Story passt in die Zeit und bestätigt nebenbei, dass das Stipendium des Vereins Münch-

ner Sportjournalisten bei ihm, dem Drittplazierten, gut angelegt war.

Für mich persönlich das bewegendste Stück unter allen Einsendungen hat Korbinian Eisenberger abgeliefert, der im Gesamtergebnis Zweiter ist. Hier geht es um eine Familie und den Umgang mit dem schwerbehinderten Sohn Albin. Albin kam mit einem Down-

Syndrom zur Welt. Und wie er nun im Rückblick seiner 27 Jahre unter der Mithilfe seiner Lieben die wechselnden Probleme des Alltags meistert, sogar im Sport Medaillen ge-

winnt. Bei uns dafür die Silbermedaille an Korbinian Eisenberger für das durch ihn be-

schriebene Beispiel aus der Abteilung Lebenshilfe.

Nach langem Studium der besten Geschichten ist mir die Entscheidung um Platz 1 oder 2, zwischen den beiden Autoren Eisenberger und Warmbrunn, nicht leicht gefallen. Der Sieger Benedikt Warm-brunn hat Jupp Kapellmann besucht, und dessen zwei Leben be-

schrieben.

Im ersten Leben war Kapellmann Fußball-National-spieler beim FC Bayern, im zweiten Leben ist er Orthopäde. Der 67 Jahre alte Dr. Kapellmann und seine launigen Erzählun-

ngen über gestern und heute, die Anekdoten aus der Profizeit in München bis zu seinem letzten Einsatz als Arzt in Saudi-Arabien.

Diesen Text würdigte die Fünfer-Jury zweimal mit Platz 1, zweimal mit Platz 2 und einmal mit Platz 3. Im Eiskunstlaufen würde man sagen: Ein Sieg mit Platzziffer 1 und 21 Punk-

ten - Glückwunsch, Herr Warmbrunn!

Der Sieger spielt in der Champions League

Benedikt Warmbrunn ist erst 28, spielt als SZ-Reporter mit dem FC Bayern München in der Champions League und hat als junger Journalist schon eine stolze Sieges-Serie. Im Stegmann-Wettbewerb war er letztes Jahr Sieger, 2013 Zweiter und 2014 Dritter. Ausge-

zeichnet wurde er auch durch die deutsche Tagespresse mit dem Wächterpresse 2012 für Volontäre. Und nicht unerwähnt bleiben sollte deshalb auch hier der Hinweis, dass Benedikt Warmbrunn 2008/2009 der erste Stipendiat des Vereins Münchner Sportjour-

nalisten war.

Alles in allem brachte der Stegmann-Preis 2016 für die Sportredaktion der Süddeutschen Zeitung wieder einmal ein Ergebnis wie für für deutsche Sportler in der Welt der Rodler: Die drei ersten Plätze an das Ressort von Klaus Hoeltzenbein, Glückwunsch an meinen einstigen Kollegen im SID!

Glückwünsche und Dank aber auch an die Ausbilder in der Deutschen Journalistenschu-

le, die jungen Talenten in Kooperation mit Münchner Zeitungen außergewöhnliche Mög-

lichkeiten zur beruflichen Entwicklung bieten. Was daraus werden kann, zeigt nicht nur das Beispiel aus der Jury mit Bestsellerautor Ronny Reng. Erinnert sei an Klaus Brink-

bäumer, Günther Jauch, Axel Hacke oder auch Marie Waldburg, alle einst Absolventen der Deutschen Journalistenschule. Auch sie haben ihre Karriere im Sport und in einer Münchner Redaktion begonnen.

Liest man heute ihre Texten, ist auch etwas zu finden, was ich vermisst habe bei allen eingereichten Arbeiten zum Stegmann-Preis - eine gewisse Leichtigkeit des Schreibens. Mir fehlten Wortwitz, Formulierungen mit Augenzwinkern. Beim Text-Einstieg nur selten ein Lasso nach dem Leser, beim Ausstieg eine Brücke zum Einstieg, ein Fazit der Story oderetwas zum Schmunzeln. Sprachlich eigentlich meist alles korrekt - aber leider auch viel Graubrot dabei, mehr Pflicht als Kür.

Unterhalten und unterrichten

Tut sich der Nachwuchs schwer mit der Leichtigkeit? Wer jemand zum Lachen bringt, dem gehört die Sympathie des Lesers. Ich kann eine Geschichte lesen und anderer Meinung sein als der Autor - aber wenn ich lachen muss, mag ich die Story vielleicht trotzdem. So wie man das beispielhaft beim Lesen von Texten bei Altmeistern wie Oskar Beck oder dem unvergessenen Ulrich Kaiser lernen kann. Und heutzutage immer mal wieder bei Christoph Kneer in der Süddeutschen. Das sind dann Geschichten mit Freude am Lesen.

Mich verführt da oft die Autorenzeile - und erst dann das Thema aus dem Aufmacher. Weil ich hier nicht nur unterrichtet, sondern auch unterhalten werde. Ein bisschen Spaß darf sein. Wenn wir schreiben, geht es ja schließlich nur um Sport und nicht um die Rettung der Welt.

Unterhalten und unterrichten - das ist wohl auch Teil des Konzepts für Geschichten zur SZ-Pano-rama-Seite. Hier steht übrigens Michael Neudecker in der Verantwortung, Rekordsieger im Stegmann-Wettbewerb. Der frühere Sportredakteur Neudecker gewann zwischen 2005 und 2010 fünf Mal in Folge.

Auch andere ehemalige Stegmann-Preisträger sind längst erfolgreich außerhalb des Ressorts Sport. Wie Dr. Daniel Pontzen, Sieger 2007, jetzt Reporter beim ZDF-Studio Washington. Oder Marc Widmann,

2001/2002 der erste Sieger und danach noch vier-mal vorne dabei. Widmann ist heute stellvertretender Ressortleiter für die Hamburg-Seiten der ZEIT. Fernsehstar wurde längst Jochen Breyer, Moderator im ARD/ZDF-Morgenmagazin, im ZDF-Sportstudio und im Fußball des Senders.

Und nicht zu vergessen Christina Warta. Sie kam 2006 und 2007 jeweils auf Platz 1, 2003 auf Platz 3. Frau Warta ist jetzt Pressesprecherin für Bildung und Sport der Stadt München. Man darf also vielleicht mal ein bisschen stolz behaupten, dass sich die Stegmann-Jury in den 15 Jahren ihrer Talentsichtung nicht geirrt hat.

Bürgermeisterin hat die beste Trefferquote

Zum Schluss sage ich Dank: Allen Teilnehmern, den Kollegen aus der Jury und Hans Eiberle, dem unermüdlichen Trommler mit seiner Erinnerung an den Kollegen Stegmann.

Und ganz besonders Frau Christine Strobl, Bürgermeisterin der Stadt München, zur Sie-

gerehrung wieder unsere Gastgeberin mit dem historischen Am-biente im Münchner Ratskeller.

Darüber hinaus verblüfft Frau Strobl als Mitglied der Jury-Mitglied: Sie hat mit zwölf Punkten auf Platz 1 bis 3 die beste Trefferquote unter den fünf Preisrichtern!

Nur mal zum Vergleich: Letzter dieser Tabelle mit sechs Punkten in den Top Drei ist der geschätzte Bestsellerautor Ronny Reng - breit gestreut wie selten waren die Wertungen der Jury zum Helmut Stegmann-Preis 2016.

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Ansichtssache

Das Ende der Tragödie         um Jürgen Bischof

Gedenktage

Geburtstage

Klaus K. Müller 85 Mit 21 jüngster Sporchef -

Springer, adidas, Focus

Günter R. Mülller 80

Das historische Foto

Martin Hangen 60

Als Fotograf auf

Marias Spuren

Michael Gernandt 85 Rekordverdächtige

41 Jahre SZ

Michael Buchholz 60

Von Miriam Makeba umarmt

Fritz Hautsch 70                     Die Flitzi-Karriere

Doris Henkel 70

"Das Bewusstsein für die

sportliche Leistung zählt

heute kaum noch"             

Frank Hörmann 60

Münchner Eisbachufer statt großer Bühne

Otto Greitner 75

Kein Geschwafel -            schnell und kurz

Neue Bücher                           

Besprechungen

Von Wolfgang Uhrig

"Thailand unter der Haut"

Bernd Linnhoff, geboren 1948 in Hamm/Westfalen, arbeitete als Chefreporter Fußball beim Sportinformationsdienst (SID) und bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa). 1988 machte er sich als freier Journalist, Kom-munikationsberater und Reden-schreiber selbstständig. Linnhoff wanderte 2008 nach Thailand aus. Er lebte vier Jahre in Bankok und wohnt seit 2012 in Chiang Mai

Linnhoff über sein Buch: „In „Thailand unter der Haut“ erzähle ich in 31 Nahaufnahmen von Thailands Ess-Klasse, der Fuß-ball-Community der German All Stars, von Männern in Bangkoks Nächten, von Frauen auch und davon, wie ich schlank wurde auf dem Rücksitz eines Motorrad-taxis. Es geht um Geister, den Zusammenprall zweier Kulturen in meiner Ehe mit Toey, um thailän-dische Spitznamen („Gestatten, mein Name ist Frankfurt“) und vieles mehr. Ich verschweige nicht einmal, dass ich hier lung genannt werde, alter Onkel.“

„Thailand unter der Haut“ ist 240 Seiten stark und kostet 14,90 Euro plus Versandkosten. Es ist im Onlineshop meines Verlegers Oliver Wurm unter folgendem Link erhältlich: www.fussballgold.de

Anno dazumal

Als Gerd Müller zurücktrat        Als Beckenbauer nachtrat

Wenn Ronny mit                         dem Kopf abstaubt

Fußballsprache oder ganz schlechtes Deutsch?

 

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